Praxismagazin für Trink- und Abwassermanagement Voller Energie: Energie- und Rohstoff- gewinnung aus kommunalen Klärschlämmen Mit 26 Seiten Special: Klärschlamm 10 Oktober 2022 Big Data und Machine Learning: Analyse vonWasser- verlusten in Trinkwasser- leitungen wasserwirtschaft wassertechnik
NACHWUCHSPREIS Deutsche Wasserwirtschaft VERLIEHEN VOM FACHMAGAZIN Jetzt für den Nachwuchspreis 2023 bewerben! Eingereicht werden können alle Arbeiten, die an Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen oder anderen staatlich anerkannten Forschungseinrichtungen angefertigt wurden. Die Arbeiten müssen in der Zeit vom 01. April 2021 bis zum 31. Januar 2023 abgeschlossen und benotet sein. Die Einreichung unvollständig eingereichter Unterlagen bedeuten den Ausschluss vom Auswahlverfahren. Berechtigt zur Einreichung der Arbeit ist der jeweilige Urheber; bei Gemeinschasarbeiten muss die Einreichung durch alle Urheber erfolgen. Betreuer von Arbeiten sind aufgefordert, Arbeiten und deren Urheber vorzuschlagen. Eine Einreichung kann aber nur mit Zustimmung der/des Verfasser/s erfolgen. Die Ausschreibungsphase beginnt am01. Oktober 2022 und endet am 31. Januar 2023. Einzureichen sind: ■ die gesamte Arbeit ■ ein max. zweiseitiges Abstract, das die Kernergebnisse der Arbeit nochmals anschaulich und gut verständlich zusammenfasst ■ die Beurteilung des Prüfers (max. zwei Seiten) ■ bei abgeschlossenen Arbeiten die Note ■ Kurzbiographie des Bewerbers/der Bewerberin (max. eine Seite) Die Unterlagen sind als PDF per E-Mail an nachwuchspreis@umweltwirtschaft.com einzureichen. Der Anhang darf einen Umfang von 20 MB nicht überschreiten! Quelle: IMAGO / Westend61 Preis für herausragende Studienabschlussarbeiten und Dissertationen auf dem Gebiet der Wasserwirtscha/Wassertechnik ausgeschrieben und verliehen von: Landesverband Nord-Ost unterstützt von: Premiumpartner: www.umweltwirtscha.com/veranstaltungen/wwt-nachwuchspreis2023
1 10/2022 Der Weg der Klärschlammnutzung sollte in Deutschland klar vorgezeichnet sein, indem aus dem Abfallstoff der Abwasserreinigung nur die Nährstoffe extrahiert und als Wertstoff Düngemittel in der Lebensmittelproduktion recycelt werden. Aus den Nachrichten der letzten Monate wird deutlich, dass die Anzahl der in unserem Land geplanten und beantragten Aufarbeitungszentren und die vorhandene Verfahrensvielfalt kontinuierlich zunehmen. Bemerkenswert erscheint, dass sich auch viele kleinere Kommunen in einem intensiven Austausch über ihren zukünftigen Weg für die Klärschlammbehandlung befinden. In vielen Fällen stellt die Trocknung die erste Behandlungsoption dar, insbesondere um das Green Image für den Transport durch höhere Feststoffgehalte zu den regionalen Zentren aufzupolieren. Es fällt auf, dass von den Anlagenherstellern auch zunehmend kleinere Trocknerleistungen mit mobilen Varianten angeboten werden. Dadurch können die Kategorien unterhalb von 50.000 Einwohnerwerten erschlossen werden und es lässt sich somit ein größeres Marktvolumen eröffnen. Anschließend erfolgt die thermische Nutzung mit einer Rückgewinnung des enthaltenen Phosphors, so sollte es unbestritten sein. Eine Vermischung des Klärschlamms mit anderen Energieträgern kommt in dieser Nutzungsschiene nicht vor, eigentlich! Die internationale Zeitenwende und deren Auswirkungen haben aktuell auch auf dem Klärschlammmarkt zu Verwerfungen geführt. Die Entsorgungskosten für Klärschlamm sind in den Keller gegangen und die Mitverbrennungskapazitäten in den Himmel gewachsen. Der Bau von Monoverbrennungsanlagen unterliegt einer deutlichen Preissteigerung, die auch den Düngemittelmarkt fest im Griff hat, sodass die landwirtschaftliche Nutzung eine Renaissance erlebt. Diese temporären Erscheinungen dürfen nicht dazu führen, dass aus finanzstrategischen Überlegungen der scheinbar leichtere Weg gegangen und die nachhaltige Klärschlammnutzung wieder hintenangestellt wird. Für viele Kommunen wird es schwierig werden, alle Maßnahmen, die aktuell notwendig sind, gleichberechtigt umzusetzen. Es gibt sicherlich für viele Entscheidungsträger in der heutigen Situation drängendere Aufgaben als ein nachhaltiges Zukunftskonzept für den Umgang mit Klärschlamm, aber der richtige Umgang mit diesem Abfallstoff kann auch zu einem Stück mehr Unabhängigkeit von den Autokraten dieser Welt führen. Für eine nachhaltige und gesicherte Lebensmittelversorgung wird der Phosphor aus dem Klärschlamm zwingend benötigt, und zwar ohne schädliche Begleitstoffe. Es ist ermutigend, dass auch viele unserer europäischen Nachbarn den gleichen Weg für die Klärschlammwiederverwertung gehen. Gemeinsam kann dadurch in diesen turbulenten Zeiten ein deutliches Signal für eine nachhaltige Zukunftsvorsorge im Bereich der Abwasserbehandlung gesetzt werden. Klärschlamm, Zeitenwende und das Zukunftskonzept Die Klima- und Ressourcenkrise warten nicht auf unseren guten Willen. Es gilt, nach der Maxime der Vereinten Nationen zu handeln: Act now! Kommentar Prof. Dr.-Ing. Frank R. Kolb, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Quelle: privat
2 www.umweltwirtschaft.com S. 42 Die InfraSPREE ist am 9. und 10. November 2022 zu Gast an der Havel. Quelle: Aquanet Inhalt Kommentar 1 Klärschlamm, Zeitenwende und das Zukunftskonzept! Prof. Dr.-Ing. Frank R. Kolb Wasserszene 4 Bundespreis „Blauer Kompass“ verliehen Umweltbundesamt Special: Klärschlamm Projekte und Technologien 10 Energie- und Rohstoffgewinnung aus kommunalen Klärschlämmen Dr.-Ing. Dietmar Rötsch; Kai Uwe Krauel; Tobias Richter 14 Klima- und ressourcenschonende Phosphorrückgewinnung Prof. Dr.-Ing. Michael Sievers; René Schumann 25 2023 Berichtspflicht – Phosphor- rückgewinnung in Deutschland Tabea Knickel 28 Gewässer schützen, Sanktionen vermeiden, Alternativen ent- wickeln DWA e. V. 30 Chemikalien und Kosten bei der Klärschlammentwässerung sparen Werner Brandis Titelbild: In Hamburg fallen derzeit jährlich rund 1,5 Mio. m3 Klärschlamm an, der in der Klärschlammverbrennungsanlage (VERA) im Klärwerk Hamburg auf drei Linien verbrannt wird. Mit dem Baustart zum Neubau der VERA 2 am 12. Oktober 2022 wird Hamburg Wasser die Kapazität um eine vierte Linie vergrößern. So kann die Energieerzeugung um voraussichtlich 11.000 MWh/a Strom und 60.000 t/a Prozessdampf (Wärme) erhöht werden. Quelle: Hamburg Wasser Auf demWeg ins Jahr 2029: Klärschlammverwertung und Phosphorrecycling Quelle: KSR ab S. 10 5 Gemeinsames Positionspapier Länderübergreifendes Wasser- management in der Lausitz 6 31. Magdeburger Abwassertage DWA Nord-Ost 8 Eingriffe in die Gewässer in kurzer Zeit nicht zu revidieren Im Gespräch mit Marc Daniel Heintz 56 8. P-Rück-Kongress – Phosphor ein kritischer Rohstoff mit Zukunft DWA Baden-Württemberg
3 10/2022 33 Unfällen mit Fällmitteln wirksam vorbeugen Tom Kionka Praxisbericht 16 Fällmittel einsparen und Methan- emissionen vermeiden Eliquo Water Group GmbH 18 Monoverbrennungsanlage für Klärschlamm Halle-Lochau im Regelbetrieb sludge2energy GmbH 20 Xtra-Performance dank Xelletor- Dekanter für Kläranlage Middle- town Flottweg SE 22 Der Bandtrockner BT – eine 20-jährige Erfolgsgeschichte Huber SE 24 Schlammbehandlung spart Strom Wupperverband Trinkwasser Monitoring 36 Analyse von Wasserverlusten mit Mustererkennungsverfahren Dr. Martin Wagner Markt & Trends 41 Cloudbasierter Fernzugriff auf Pumpen der Wasserversorgung Grundfos GmbH Infrastruktur Veranstaltungen 42 InfraSPREE 2022 in Potsdam Aquanet Berlin-Brandenburg Projekte und Technologien 44 Energiewende auf Baustellen: Viel Potenzial – fehlende Anreize Hans-Nico Höper Industrie & Wasser Praxisbericht 47 Digitales Prozesswassermanage- ment für die Gleitschlifftechnik Rösler Oberflächentechnik GmbH – Smart Solutions Umwelt Gewässerschutz 50 Ströme der Erde – Teil 12: Der Kongo Dr. Wolfgang Berger Rubriken 49 Adressen für Fachleute 48 Impressum
4 www.umweltwirtschaft.com mit Unterstützung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und des Wettbewerbsbüros co2online anhand der sechs Kriterien guter Praxis der Anpassung des Umweltbundesamtes bewertet. Für zwanzig der für den Preis nominierten Projekte gab es im Mai eine Online-Abstimmung um den Publikumspreis. Im Juni zeichnete eine achtköpfige Jury mit hochrangigen Vertretern der kommunalen Spitzenverbände sowie aus den Bereichen Wirtschaft, Forschung, Ehrenamt und Klimakommunikation Projekte in den vier Kategorien des Bundespreises aus. Neben einer Plakette und einem Preisgeld in Höhe von jeweils 25.000 € erhalten die Gewinner auch Unterstützung bei der bundesweiten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Unter anderem wurden dafür Videos über die ausgezeichneten Projekte erstellt. Umweltbundesamt www.umweltbundesamt.de Der Bundespreis „Blauer Kompass“ wurde in diesem Jahr erstmals gemeinsam durch das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt ausgerichtet. Neu sind eine eigene Kategorie für Kommunen und jeweils 25.000 € Preisgeld für die ausgezeichneten Projekte. Ziel des Wettbewerbs ist es innovative, wirksame und nachhaltige Lösungen für die Vorsorge und die Anpassung an die Folgen der globalen Klimakrise, wie Hitze, Dürre und Starkregen, zu präsentieren. Mit der feierlichen Auszeichnung endete die bundesweite „Woche der Klimaanpassung“ des Bundesumweltministeriums und des Zentrums KlimaAnpassung (ZKA), in der erstmals mit Veranstaltungen in ganz Deutschland gute Beispiele der Klimavorsorge präsentiert wurden. Die „Woche der Klimaanpassung“ ist Bestandteil des BMUV-Sofortprogramms Klimaanpassung. Die Einreichungen für den „Blauen Kompass“ wurden Woche der Klimaanpassung: Bundespreis „Blauer Kompass“ verliehen Eine Hochwasserallianz, Mini- Wälder für Bildungsangebote zur Klimaanpassung und einige mehr – die Gewinner des Bundespreises „Blauer Kompass“ 2022 stehen fest. Bundesumweltministerin Steffi Lemke und der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner zeichneten zum Abschluss der „Woche der Klimaanpassung“ am 16. September in Berlin gemeinsam die besten Projekte aus. „Wie wichtig Klimaanpassung ist, haben die vergangenen Monate auch in Deutschland gezeigt: Hitze, Waldbrände und fehlendes Wasser in Flüssen und Seen sind Folgen der Klimakrise. Die Folgen der Klimakrise sind bei uns deutlich spürbar. Mit dem ‚Blauen Kompass‘ zeigen wir, wie Klimaanpassung in den verschiedensten Bereichen erfolgreich umgesetzt wird: in Kommunen und bei Unternehmen, in Forschung und Bildung, durch Vereine, Verbände und Stiftungen. Die ausgezeichneten Projekte machen deutlich, dass wir diese zentrale Aufgabe gemeinsam bewältigen können – und wir alle können etwas tun: in unserer Stadt oder Gemeinde, am Arbeitsplatz oder in der Schule für Klimaanpassung und gegen die Klimakrise“, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke in ihrer Laudatio. UBA-Präsident Dirk Messner ergänzte: „Klimaanpassung ist eine Aufgabe für jetzt. Das können wir inzwischen fast täglich sehen – auch bei uns in Deutschland. Deswegen sind die mit dem „Blauen Kompass“ ausgezeichneten Projekte so wichtig. Sie machen deutlich, dass funktionierende Konzepte für Klimaanpassung jetzt umgesetzt werden können. Mit naturbasierten Lösungen können wir viele Folgen der Klimakrise abmildern. Auch die nicht ausgezeichneten Projekte verdienen ein großes Lob. Denn sie zeigen eindrucksvoll, wie vielfältig die Möglichkeiten für die dringend notwendige Klimaanpassung inzwischen sind.“ Bundespreis „Blauer Kompass“ – Die Preisträger 2022 Sieger in der Kategorie „Kommunen“ ist der Kreis Borken (Nordrhein-Westfalen). Bei dem Projekt „Hochwasserallianz Bocholter Aa“ haben sich mehrere Städte und Gemeinden entlang der Bocholter Aa zu einer Hochwasserallianz zusammengeschlossen. Gemeinsam entwickelten sie ein Schutzkonzept für die Region rund um den Fluss und seine Zuläufe. Ein Warnsystem und naturnahe Lösungen helfen nicht nur bei Hochwasser, sondern auch bei Starkregen. Eigenvorsorge von Bürgern, Katastrophenschutz, Tourismus und Biodiversität sind ebenfalls Teil des Konzepts zur Klimaanpassung für die Aa. Preisträger in weiteren Kategorien sind: • der Hof Tolle (Hessen) für die integrierte und dynamische Agrarplanung für den Klimawandel • die Handwerkskammer Hamburg mit dem EnergieBauZentrum und dem Projekt „Präventive Klimafolgenanpassung mit dem Hamburger Handwerk“ • der Eberswalder Verein MIYA e. V. (Brandenburg) mit dem Projekt „Tiny Forests – von nachhaltiger Bildung zu klimaresilienten Städten“ und • der Freundeskreis Technisches Denkmal Brikettfabrik Louise e. V. (Brandenburg) mit „Leuchtturm Louise – Mit kühlem Kopf in heißen Zeiten“. Wasserszene Blauer Kompass-Sieger in der Kategorie Kommunen: Landrat Dr. Kai Zwicker gemeinsam mit Kordula Blickmann und Jessica Mach (v. l. n. r.) vom Fachbereich Natur und Umwelt des Kreises Borken bei einem Ortstermin zur umgesetzten WRRL-Maßnahme in Borken-Hoxfeld. Quelle: Kreis Borken
5 10/2022 für eine nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung. Zudem appelliert das Papier an den Bund, seine Mitverantwortung für die Aufgaben der Wasserwirtschaft im Strukturwandelprozess mehr als bisher wahrzunehmen, z. B. über Bund-Länder-Vereinbarungen und die Errichtung der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung genannten Stiftung oder Gesellschaft, die den Rückbau der Kohleverstromung und die Renaturierung organisiert. Positionspapier der Länder www.medienservice.sachsen.de Strukturwandels hinsichtlich der Anpassung der Bewirtschaftung von Grund- und Oberflächenwasser • in einem ersten Schritt zu schaffende länderübergreifende Trägerstrukturen, da- zu gehört eine bei der Arbeitsgemeinschaft Flussgebietsbewirtschaftung Spree, Schwarze Elster und Lausitzer Neiße geplante Geschäftsstelle sowie mittelfristig die Einrichtung einer länder- übergreifenden Wasserbewirtschaftungszentrale • der Aufbau und Betrieb des Grundwassermodells Lausitz Länderübergreifendes Wassermanagement in der Lausitz: Gemeinsames Positionspapier Sachsens Umweltminister Wolfram Günther, sein brandenburgischer Amtskollege Axel Vogel und die Berliner Staatssekretärin für Umwelt und Klimaschutz Dr. Silke Karcher haben am 19. September 2022 das „Positionspapier der Wasserwirtschaftsverwaltung der Länder Sachsen, Brandenburg und Berlin: Kohleausstieg in der Lausitz und wasserwirtschaftliche Herausforderungen für die Region“ bei einem Treffen am Bärwalder See (Sachsen) unterzeichnet. Der Braunkohleabbau in der Lausitz hat gravierende Folgen für den Wasserhaushalt der Region sowie für die Wasserversorgung insbesondere von Brandenburg und Berlin. Den wasserwirtschaftlichen Heraus- forderungen gemeinsam zu begegnen, ist deshalb ein besonderes Anliegen der Länder Brandenburg, Berlin und Sachsen. Das Positionspapier verdeutlicht den gemeinsamen Willen, die wasserwirtschaftlichen Aufgaben länderübergreifend anzugehen. Folgende Maßnahmen und Schritte sind dabei vorgesehen: • kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zur Bewältigung bergbaubedingter Pro- blemstellungen sowie zu den Herausforderungen des Der Wasserspeicher Bärwalder See ist mit seinen 13 km2 Fläche Sachsens größter See. Quelle: LMBV Die Vorteile des sludge2energy-Verfahrens ▶ Klärschlammtrocknung und thermischer Verwertung in einer stationären Wirbelschicht (S2E-Fluidizer) ▶Eine hohe Bandbreite an kommunalen Klärschläm- Energiezufuhr verwertbar ▶Vollautomatische Betriebsweise bei hoher Anlagen- verfügbarkeit ▶Erzeugung von phosphorreicher Klärschlammasche mit der Möglichkeit auf Phosphor-Rückgewinnung Klärschlammtrocknung Klärschlammmonoverbrennung Phosphorrückgewinnung www.sludge2energy.de info@sludge2energy.de
6 www.umweltwirtschaft.com mit 30 % bezifferte Energiesparpotenzial für Kläranlagen. Förderprogramme für Energieeffizienzmaßnahmen sollten stärker genutzt werden. Ralf Schüler (Geschäftsführer der DWA NordOst) stellte die Ergebnisse einer aktuellen DWA-Umfrage zu Lieferengpässen bei Betriebsmitteln vor. Dabei wurde deutlich, dass es ab Herbst aufgrund von Produktionseinschränkungen und Lieferkettenproblemen zu einem größeren Mangel an Fällmitteln wie Eisenchlorid für die Phosphatelimination kommen wird. Sollten diese Lieferengpässe länger bestehen und die Ablaufwerte beim Bereits in den 1990er-Jahren begann die Erfolgsgeschichte der Magdeburger Abwassertage, die damals von der Hach Lange GmbH ins Leben gerufen wurden. Sich der Tradition bewusst, nahm die DWA Nord-Ost 2017 den Faden auf und entwickelt seitdem gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt Sachsen-Anhalt (MWU) und den Stadtwerken Magdeburg die Veranstaltungsreihe weiter. Mit Erfolg wie sich auch diesmal zeigte. Die engagierte Moderation durch Professor Matthias Barjenbruch (Landesverbandsvorsitzender der DWA Nord-Ost), ein abwechslungsreiches Programm aus interessanten Fachvorträgen, gespickt mit aktuellen Informationen sowie eine Exkursion durch einen Regenwasserkanal fanden eine breite Zustimmung beim Publikum. Eine Industrieausstellung mit zwanzig Ständen nutzten die Teilnehmer aus Zweckverbänden, Behörden, Firmen und Ingenieurbüros zu einem intensiven Erfahrungsaustauch. Krisen als Herausforderung annehmen Zum Auftakt der Veranstaltung verwies Professor Matthias Barjenbruch auf die aktuelle Situation, die durch Klimakrise, den Russland-Ukraine-Krieg, starke Preissteigerungen bei Energieträgern, Lieferkettenproblemen und teilweisem Mangel an Betriebsmitteln auch für die Unternehmen der Wasserwirtschaft erschwerte Rahmenbedingungen schafft. In seinem Appell mahnte er an, die Krisen als Herausforderung anzunehmen und ohnehin anstehende Transformationen zum Beispiel hinsichtlich der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen zu beschleunigen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass Klimaschutz und Gewässerschutz keine konkurrierenden Aufgaben sind, sondern gemeinsam gelöst werden müssen. Staatssekretär Dr. Steffen Eichler (MWU) verwies auf den hohen Anschlussgrad beim Abwasser in Sachsen-Anhalt, sieht jedoch Potenzial bei der Verbesserung der Reinigungsleistung der Kläranlagen. Die mit dem 3. Bewirtschaftungszyklus der WRRL gestellten Anforderungen an die Fließgewässer in Sachsen-Anhalt, wie auch in anderen Bundesländern, sind bis 2027 nicht alle zu erfüllen. Mit der Fortschreibung der kommunalen Abwasserrichtlinie wird es hier voraussichtlich zu neuen Anforderungen für die Kläranlagenbetreiber kommen. Gleichzeitig verwies er auf das Wasserszene DWA Nord-Ost: 31. Magdeburger Abwassertage Am 15. und 16. September 2022 fanden die 31. Magdeburger Abwassertage statt. Informative Vorträge, eine Industrieausstellung und Exkursion lockten über 100 Teilnehmer zum zweitägigen Seminar in die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. Während der Exkursion: Die Blicke sind nach oben gerichtet. Quelle: Andritschke
7 10/2022 Parameter Phosphor durch die Kläranlagenbetreiber nicht eingehalten werden, wird dies negative Auswirkungen auf die Gewässerqualität haben. Wie mit dieser Problematik umzugehen ist, beschäftigte die Wasserbehörden und Verbände in der Diskussion gleichermaßen, denn Abwasserverordnung und das Abwasserabgabenrecht können nicht ausgesetzt werden. Ein für den 16. September 2022 anberaumtes Krisentreffen zwischen dem Bundesumweltministerium und der DWA sollte hierbei Klarheit bringen. Über den aktuellen Stand der Gespräche berichtet wwt in dieser Ausgabe. Heike Pfund (Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt) referierte im Anschluss passenderweise zur Einhaltung des Verschlechterungsverbots nach WRRL. Auf Grund der Rechtsprechung ist die Prüfung des Verschlechterungsverbots in Zulassungsverfahren erforderlich. Die Einhaltung des Verschlechterungsverbots gilt fortwährend, selbst nach Zielerreichung. In vielen Fällen kann die zuständige Behörde durch eine summarische Vorprüfung bereits eine Einschätzung dazu vornehmen. Sofern das nicht möglich ist oder kein entsprechendes Prüfergebnis vorliegt, ist der wasserwirtschaftliche Fachbeitrag ein Instrument zur Prüfung der Einhaltung des Verschlechterungsverbots. Oliver Reif-Dietzel (SK:KK beim DIfU) stellte strategische Förderschwerpunkte und eine breite Palette von Fördermöglichkeiten über die Kommunalrichtlinie und die Nationalen Klimaschutz-Initiative vor. So werden je nach Größenklasse der Kläranlage zum Beispiel Machbarkeitsstudien und Maßnahmen an Abwasseranlagen mit dem Ziel der verfahrenstechnischen Umstellung von aerober auf anaerober Schlammstabilisierung und Energieeffizienzmaßnahmen unterstützt. Matthias Springer (Hach Lange GmbH) beschrieb anhand von Praxisbeispielen die Anforderungen der Kunden, Lösungsansätze und Ergebnisse bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen. Eberhard Holtmeier (EGLV) und Martin Bohatsch (HST Systemtechnik GmbH) widmeten sich dem Themenkreis Digitalisierung. Ausgehend von den Zielen des Betriebsführungssystems bei der EGLV wurde erläutert, wie die mobile Erfassung von Betriebsdaten zur Optimierung der Betriebsführung beitragen und unter Beachtung verschiedener Aufgabenfelder und Randbedingungen gelingen kann. HST stellte IntelliNet als übergeordnetes Steuerungsverfahren für autarke Anlagen und Objekte der Wasser- und Abwasserwirtschaft vor, dass eine höhere Sicherheit und bessere Prozesseffizienz verspricht. Gerhard Mauer (Berliner Wasserbetriebe) referierte zum Thema IT-Sicherheit. Er beschrieb die Sicherheit als erste Voraussetzung für die Digitalisierung und dafür erforderliche Basiselemente. Eindrucksvoll zeigte er die Herangehensweise von Hackern, deren Aktivitäten sich nicht nur mit Firewalls begegnen lassen. Das Sammeln von Adresslisten von Mitarbeitern und Pumpwerken oder von Strukturdaten im Internet sowie die zielgerichtete Suche nach Schaltplänen von Pumpwerken in aufgebrochenen (ungesicherten) Schaltschränken waren nur einige Beispiele. Technische Lösungen sind sehr wichtig, aber auch die Mitarbeiter müssen entsprechend geschult sein. Professor Adolf Eisenträger (SZB – Spurenstoffzentrum des Bundes) beschrieb zunächst exemplarisch vorhandene Wirkstoffe und Produkte bei Chemikalien, Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln. Viele davon sind als Spurenstoffe in der Umwelt und im Grundwasser nachweisbar, reichern sich dort an und stellen Umweltrisiken dar. Blinde Flecken wie nicht regulierte Stoffe und Anwendungen oder Lücken in Genehmigungs- und Zulassungsverfahren harren der Regulierung. Daraus abgeleitet formulierte er Anforderungen und Aufgaben, denen sich das SZB in den nächsten Jahren stellen muss. Dr. Ursula Telgmann (Universität Kassel) präsentierte Forschungsergebnisse zur kombinierten Elimination von Phosphor und Mikroschadstoffen mit granulierter Aktivkohle. Hierbei zeigte sich, dass durch Flockungsfiltration im Anthrazit/Sand-Filter sehr niedrige Ges-P-Ablaufkonzentrationen mit Filtergeschwindigkeiten bis 15 m/h erreicht werden können, wobei der Feststoffrückhalt innerhalb des Filterbetts optimiert und der Ges-PAblauf-Wert überwacht werden müssen. Bei einer kombinierten Elimination mit granulierter Aktivkohle können Phosphor und Spurenstoffe erfolgreich gesenkt werden. Eine geeignete Auswahl der GAK ist hierbei erforderlich. Durch Pilotversuche im Vorfeld sollte deren Leistungspotenzial getestet werden. Professor Wolfgang Dickhaut (HafenCity Universität Hamburg) widmete sich den Konzepten und Elementen einer blau-grünen Infrastruktur als Basis für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung und Klimaanpassung am Beispiel Hamburgs. Hierbei stelle er das Gestaltungspotenzial und damit verbundene Effekte bei Wohnungsbauvorhaben oder bei Flächen im Straßenraum vor. In seinem Fazit verwies er auf die gute Entwicklung in der Zusammenarbeit von Straßenplanung, Wasserwirtschaft und Grünplanung. Es gibt mittlerweile viele gute Beispiele, die in den letzten Jahren umgesetzt wurden, auch werden viele innovative Techniken weiterentwickelt. Dennoch können verschiedene Maßnahmen leider manchmal nur schwer umgesetzt werden, weil Regelwerke nicht ausgereift, Interessenlagen der Beteiligten zu konträr oder die erforderliche Pflege der (technischen) Anlagen durch die Kommunen nicht zu leisten sind. Abschließend wurde im Vortrag von Professor Wolfgang Pfeiffer (Hochschule Wismar) und Juliane Thamm (Hach Lange GmbH) die Hintergründe und Theorie des Zusammenhangs des FOS/TAC Messwerts mit der Stabilität anaerober Abbauprozesse und der Verfahren zur Bestimmung des FOS/TACWerts erläutert sowie eine Online-Messung von FOS/TAC vorgestellt. DWA Nord-Ost www.dwa-no.de Projekte Prof. Matthias Barjenbruch eröffnet die 31. Magdeburger Abwassertage Quelle: DWA Nord-Ost
8 www.umweltwirtschaft.com Der Rhein ist der siebtlängste Fluss Europas. An Mittel- und Niederrhein ist er durch die Bebauung, angesiedelte Industrie, Schifffahrt und Kraftwerke stark beansprucht, was in der Gewässerqualität sichtbar wird. Aus diesem Grund unternahmen die Anrainerstaaten in den vergangenen Jahren vielfältige Aktivitäten zur Verbesserung des Gewässerzustands. Die Renaturierung von Flüssen im Einzugsbereich, die Wiederherstellung von Flussauen oder die Reduktion der Wasserverschmutzung sind dafür Beispiele. Dennoch benötigt der Fluss noch längerfristiges Engagement, um die mit der Wasserrahmenrichtlinie hochgesteckten Ziele zu erfüllen. Nun macht sich der Klimawandel zusätzlich bemerkbar. wwt sprach mit Marc Daniel Heintz über die Auswirkungen der Trockenheit am Rhein, dessen Wasserqualität und notwendige Aktivitäten im Hinblick auf die Klimaanpassungsstrategie. wwt: Vielerorts gab es in den vergangenen Monaten starke Trockenheit, von denen auch große Gewässer betroffen waren. Oder und Elbe wiesen zum Beispiel extreme Niedrigwasserstände auf. Wie würden Sie die Situation am Rhein beschreiben? Heintz: Auch am Rhein wurden im August 2022 sehr niedrige Wasserstände gemessen. Besonders betroffen waren NordrheinWestfalen und die Niederlande. An den Pegeln Ruhrort und Lobith wurden die bisherigen Rekorde von 2018 unterschritten. Nach ergiebigen Niederschlägen hat sich die Situation im September leicht entspannt. Tiefere Bodenschichten leiden jedoch immer noch unter dem Niederschlagsdefizit. wwt: Nun wurde für den Rhein schon das dritte extreme Niedrigwasser in den letzten 20 Jahren registriert. Wo sehen Sie die Ursachen und welche Folgen sind damit für das Ökosystem, die Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft oder Industrie verbunden? Heintz: Die Ursache für das aktuelle Niedrigwasser sind Trockenheit und Hitze in großen Teilen des Einzugsgebiets seit März. Welchen Anteil der Klimawandel an der Häufung von Niedrigwasser seit 2003 hat, können wir derzeit nicht sagen. Schließlich gab es in den 1980er- und 1990er-Jahren zwei Jahrzehnte ohne nennenswertes Niedrigwasser. Infolge des Klimawandels rechnen wir allerdings künftig mit häufigerem, längerem und extremerem Niedrigwasser im Sommer und Herbst. Bis 2100 wird der stabilisierende Anteil des Schmelzwassers aus dem Hochgebirge wegfallen, der bei extremem Niedrigwasser an der Mündung bis zu 20 % des Abflusses ausmacht. Niedrigwasser ist genau wie Hochwasser zunächst ein natürliches Phänomen. Wenn es allerdings extreme Ausmaße annimmt und lange dauert, kann es sich negativ auf die Ökologie auswirken, die Schifffahrt behindern, die Wasserverfügbarkeit für Landwirtschaft, Industrie und Energieproduktion einschränken und die Trinkwasserversorgung beeinträchtigen. Die Ökologie ist vor allem von hohen Wassertemperaturen, Sauerstoffmangel, verengten Lebensräumen und trockengefallenen Bächen im Einzugsgebiet betroffen. wwt: Welche Maßnahmen und Aktivitäten wurden bislang ergriffen, um das Ökosystem Fluss widerstandsfähiger gegenüber Extrem(wetter)ereignissen zu machen? Heintz: Naturnahe Gewässer sind widerstandsfähiger gegenüber den negativen Auswirkungen von Niedrigwasser. In Uferbereichen mit schattenspendender Vegetation und kühleren Seitengewässern finden Fische und andere Lebensgemeinschaften wichtige Rückzugsräume bei Hitzestress. Deswegen ist die ökologische Durchgängigkeit zur Vernetzung von Biotopen wichtig. Die Staaten im Rheineinzugsgebiet haben in den vergangenen 20 Jahren ca. 140 km2 Überschwemmungsgebiete wiederherge- stellt, 100 Auengewässer an den Rhein angebunden, 160 km Ufer renaturiert und 600 Hindernisse für Wanderfische passierbar gemacht. Immer mehr rückt auch der dezentrale Wasserrückhalt in den Fokus. wwt: Kürzlich hat der niederländische Verband der Rheinwasserwerke seinen Jahresbericht 2021 veröffentlicht. Demnach sind im Rhein die Einträge von mehreren Dutzend Stoffen wie Industriechemikalien, Wasserszene ImGespräch mit Marc Daniel Heintz: Eingriffe in die Gewässer in kurzer Zeit nicht zu revidieren Der Rhein und die Gewässer im Einzugsgebiet sind zum dritten Mal seit 2003 und 2018 von einem markanten Niedrigwasser betroffen. Neben dem Schiffsverkehr und der Energie- erzeugung hat dies große Bedeutung für die Gewässerökologie und Trinkwasserversorgung. Bild 1 Marc Daniel Heintz, Geschäftsführer der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins Quelle: StEB Köln/Bettina Fürst-Fastré
9 10/2022 Interview den von uns frühzeitig eingebunden. Die Strategie wird bewährte Maßnahmen wie die Wiederherstellung zusätzlicher Überschwemmungsgebiete und die Anbindung von Altarmen enthalten, für die wir in „Rhein 2040“ messbare Ziele formuliert haben. Gleichzeitig kann ich mir gut vorstellen, dass neue Ideen einfließen – wie die Kaltwasserpools für Fische, die gerade an Hochrhein und Dreisam erprobt werden. Da es bei Niedrigwasser zu erhöhten Schadstoffkonzentrationen kommen kann, arbeiten wir daran, unser Monitoring weiterzuentwickeln. Derzeit läuft am Rhein ein Pilotprojekt zum Non Target Screening mit Liquid-Chromatographie-Massenspektrometrie. Wir befassen uns als Kommission auch damit, wie wir Hochwasserschäden von Menschen, Wirtschaft und Kulturgütern abwenden können. Hier können nichttechnische Maßnahmen wie Verbesserungen im Katastrophenschutz, Kampagnen zur Stärkung des Risikobewusstseins und ein weiterer Ausbau der Vorhersage und Warnung einen wichtigen Beitrag leisten. Das Gespräch führte Nico Andritschke. Marc Daniel Heintz Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) marcdaniel.heintz@iksr.de www.iksr.org Arzneimittelrückstände und Pestizide leider angestiegen, mit negativen Folgen für die Ökologie und Trinkwassergewinnung. Macht die Industrie als Flussanrainer ihre Hausaufgaben nur ungenügend? Heintz: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Wasserqualität des Rheins weiter verbessert. Eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung bleiben Verschmutzungen durch Mikroverunreinigungen. Neben weiteren Anstrengungen seitens der Industrie und beim Ausbau der Kläranlagen (4. Reinigungsstufe) ist es auch erforderlich, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu verringern oder z. B. Röntgenkontrastmittel aufzufangen. Es sind also Maßnahmen aus verschiedenen Sektoren gefragt. Mit diesen und weiteren Maßnahmen wollen die Staaten im Rheineinzugsgebiet den Eintrag von Mikroverunreinigungen bis 2040 um mindestens 30 % reduzieren. wwt: Gemäß Art. 7 der WRRL greift das Verschlechterungsverbot für Wasserkörper. Sind bisherige Aktivitäten im Rahmen der letzten beiden Bewirtschaftungszyklen der WRRL somit gescheitert? Wie beurteilen Sie die Perspektive bis 2027? Heintz: Zehn Prozent der Oberflächenwasserkörper in der Internationalen Flussgebietseinheit Rhein befinden sich im guten ökologischen Zustand. Vor sechs Jahren lag dieser Wert bei fünf Prozent. Bis 2027 wird voraussichtlich für ein Drittel das Ziel erreicht. Beim chemischen Zustand ohne ubiquitäre Stoffe sowie beim mengenmäßigen und chemischen Zustand des Grundwassers sieht das Bild mit 59 %, 97 % bzw. 75 % besser aus. Auch bei einzelnen Indikatoren gibt es Verbesserungen, die sich wegen des One-out-all-out-Prinzips nicht in der Gesamtbewertung niederschlagen. Es ist also eine Verbesserung feststellbar. Gleichwohl bleibt noch viel zu tun. Die Zeitvorstellungen der WRRL in Bezug auf das Erreichen des guten Zustands sind sehr ehrgeizig, die Umsetzung ist anspruchsvoll und es dauert mitunter Jahrzehnte, bis Maßnahmen ihre Wirkung entfalten. Globale Veränderungen wie der Klimawandel kommen als neue Herausforderung hinzu. Die Staaten im Rheineinzugsgebiet werden alle Anstrengungen unternehmen, um bis 2027 so viele Wasserkörper wie möglich in den guten Zustand zu bringen. Schon jetzt zeichnet sich jedoch ab, dass darüber hinaus weitere Anstrengungen nötig sein werden. Etwas plakativer ausgedrückt: Wir können nicht in drei Jahrzehnten die negativen Auswirkungen von über 100 Jahren an Eingriffen in die Gewässer ausgleichen. wwt: 2020 wurde das Programm „Rhein 2040“ verabschiedet. Die IKSR hat angekündigt, dass ab Herbst eine Aktualisierung der Klimaanpassungsstrategie erfolgen soll. Was werden wesentliche Elemente der neuen Strategie sein müssen? Heintz: Bis 2024 werden Experten aus allen Staaten im Rheineinzugsgebiet Projektionen zur Entwicklung der Abflüsse und Wassertemperaturen erstellen und Erkenntnisse zu den Auswirkungen auf Flora und Fauna zusammentragen. Parallel nehmen wir anthropogene Faktoren wie Wasserverbrauch und Wärmeeinleitungen unter die Lupe. Unsere Partner wie die Internationale Kommission für die Hydrologie des Rheingebietes unterstützen uns dabei. Stärker in den Mittelpunkt rückt auch die Betrachtung von Sturzfluten an kleineren Flüssen, die sich indirekt auf den Rhein auswirken können. Aufbauend auf diesen Bausteinen werden wir ab 2024 unter Beteiligung von Akteuren aus Sektoren wie Schifffahrt, Industrie, Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft Maßnahmenempfehlungen erarbeiten. Ich bin überzeugt davon, dass es ein eng abgestimmtes Vorgehen braucht. Verbände und Nichregierungsorganisationen werBild 2 Niedrigwasser am Rhein bei Lorchhausen im Herbst 2018 Quelle: IKSR
10 www.umweltwirtschaft.com Special: Klärschlamm dukt, das bei der Abwasserreinigung und -behandlung anfällt. In Deutschland fiel im Jahr 2019 eine Menge von ca. 1,7 Mio. t (TS) Klärschlamm an. Durch den hohen Anteil an Nährstoffen wie Phosphor und Stickstoff wurde über Jahrzehnte der anfallende Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Böden zu Düngerzwecken eingetragen. Das erfolgte nach der geltenden Klärschlammverordnung (AbfKlärV) von 1992 und ergänzte die Vorgaben der Düngemittelverordnung (DüMV). Mit den Nährstoffen im Klärschlamm gelangten auch dessen Schadstoffe in das Erdreich, was eine Überarbeitung des Düngerechts und die Novellierung Energie ist Triebkraft für unsere Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft und bildet die Basis unseres Lebens. Gleichzeitig dient Energie als Motor für Mobilität und als Grundstoff für Digitalisierung und Vernetzung. Vielmehr jedoch bietet sie uns Komfort in Form von Wärme und begleitet uns tagtäglich als elektrischen Strom. Eine stabile Energieversorgung ist maßstäblich für die Güte unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Dies stellt Versorger vor die große Aufgabe, die Grundlastversorgung jederzeit zu gewährleisten und das Stromnetz stabil zu halten. Eine weitere Auswirkung der wachsenden Gesellschaft besteht in der mitwachsenden Konsumnachfrage von Gütern jeglicher Art. Dadurch rückt auch die Nachfrage nach Rohstoffen immer weiter in den wirtschaftlichen Fokus. Ein positiver Effekt daraus führt mit sich, dass bei der Entwicklung neuer Produkte in der Wertschöpfungskette nun auch die Wiederverwertung bzw. das Recycling stärker mitbetrachtet wird. Was hat das mit Wasserwirtschaft zu tun? Nun stellt sich die Frage, was all dies mit der Wasserwirtschaft zu tun hat. Die Schnittmenge zur Energie- und Rohstoffwirtschaft liegt hierbei im Klärschlamm, dem Endpro- Dr.-Ing. Dietmar Rötsch; Kai Uwe Krauel; Tobias Richter Energie- und Rohstoffgewinnung aus kommunalen Klärschlämmen Im Jahr 2019 erfolgte die Vergabe für den Bau einer Monoklärschlammverbrennungsanlage in Bitterfeld-Wolfen, im September 2022 dann die Abnahme und Übergabe an den Betreiber. Mit 100.000 t (OS) verbrannten Klärschlamms wurde ein erster Meilenstein erreicht. Bild 1 Blick auf die Klärschlammmonoverbrennungsanlage der KSR Klärschlammrecycling Bitterfeld-Wolfen GmbH: Im Vordergrund befindet sich die thermische Restabfallbehandlungsanlage. Quelle: KSR
11 10/2022 Eingangskontrolle erfolgt das Abkippen in den Annahmebunker, der 500 t Klärschlamm aufnehmen kann (Bild 3). Die vollautomatische Portalkrananlage besteht aus zwei Kränen. Während ein Kran den Klärschlamm vom Annahmebunker in den Stapel-/Mischbunker (5.000 t) befördert, ist der zweite Kran für das Mischen und somit für die Homogenisierung des Brennstoffs verantwortlich. Dieser Kran beschickt ebenso die beiden Trichter (Bild 4). Beide Kräne sind im Aufgabenbereich redundant aufgebaut. Über jeweils zwei Austragsschnecken wird der Klärschlamm zu den Feststoffpumpen befördert. Die Pumpenanlage ist redundant ausgeführt, wodurch jede der beiden Brennstofflinien mit zwei Pumpen ausgeführt ist. Die Feststoffpumpen befördern den Klärschlamm über ein Rohrleitungssystem zu den beiden Scheibentrocknern. Jeder dieser Trockner besitzt ein Leergewicht von ca. 90 t, eine Länge von ca. 14 m und eine Höhe von ca. 3,80 m. Sie sind in der Lage, jeweils ca. 18 t Klärschlamm in der Stunde zu verarbeiten. Um den Klärschlamm von ca. 20–30 % auf max. ca. 45 % Feststoffanteil zu trocknen, wird aus dem Niederdrucksystem Dampf mit ca. 140 °C und 1,6 bar verwendet und in den Mantelraum bzw. den Scheibenläufer des Trockners geleitet. Nach der Trocknung wird der Klärschlamm mittels Austragsschnecken aus Strom erzeugt und zum anderen die für das Phosphorrecycling entscheidende Kessel- asche gewonnen. Die KVA wird als 100%ige Tochtergesellschaft der PD energy GmbH (Thermische Restabfallbehandlungsanlage Bitterfeld-Wolfen) betrieben und beschäftigt mehr als 40 Mitarbeiter. Der Grundgedanke zu dieser Anlage wurde bereits im Jahr 2016 mit dem Firmenkonsortium der Danpower GmbH (eine 100%ige Tochter der enercity AG) und der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH (eine 94%ige Tochter der Gelsenwasser AG) zu gleichen Teilen gelegt. Im Jahr 2019 erfolgte die Vergabe an den Anlagenbauer Küttner Martin Technology GmbH. Für das Projekt waren zwei Jahre Bauzeit geplant. Die KVA ist auf eine jährliche Kapazität von ca. 260.000 t (OS) kommunalen Klärschlamms ausgelegt und zählt somit zu den größten Anlagen dieser Art. Mit einer täglichen Verbrennungsmenge bis zu 800 t (OS) wird eine thermische Feuerungswärmeleistung von bis zu 20 MW ermöglicht. Prozess der Klärschlammverbrennung Der Klärschlamm besitzt einen Feststoffanteil von ca. 20–30 % und wird mit Lkw angeliefert. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass die KVA über einen Gleisanschluss neben dem Klärschlammbunker verfügt. Nach der der Klärschlammverordnung erforderlich machte. Ein zentraler Punkt in der Neuverordnung schreibt die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlämmen und deren Verbrennungsrückständen vor. Ab 2029 sind grundsätzlich alle Betreiber von kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen unabhängig von der jeweiligen Ausbaugröße zu einer Phosphorrückgewinnung verpflichtet, wenn die Klärschlamm-Trockenmasse einen Phosphorgehalt ≥ 2 % aufweist. Für die Rückgewinnungsmethode wurde in der Neuverordnung Freiraum bei der technologischen Umsetzung gelassen. Ein erster Schritt dafür besteht in der thermischen Verwertung des Klärschlamms in Monoklärschlammverbrennungsanlagen. Die entstehende Kesselasche wird teilweise im späteren Verfahren physikalisch und chemisch weiterbehandelt, um den Phosphor zurückzugewinnen. Die KSR Klärschlammrecycling Bitterfeld-Wolfen Die KSR Klärschlammrecycling Bitterfeld-Wolfen GmbH ist eine Monoklärschlammverbrennungsanlage (KVA) mit einer stationären Wirbelschichtbrennkammer. In ihr wird durch das thermische Verwerten von kommunalen Klärschlämmen zum einen Energie in Form von Wärme und Projekte und Technologien Bild 2 Schematische Prozessdarstellung der KVA Quelle: KSR
12 www.umweltwirtschaft.com Special: Klärschlamm dem Trockner auf einen Doppelwellenmischer gefördert. An dieser Stelle kann die Zugabe von Kalksteingrieß (für die „heiße“ Entschwefelung) und Trockenklärschlamm erfolgen, bevor die Weiterförderung zu dem Wurfbeschicker und dem Eintrag des Gemischs in die Brennkammer erfolgt. Die Verbrennungsanlage wird bei Volllastbetrieb mit beiden Brennstofflinien gefahren. Im Teillastbetrieb besteht die Möglichkeit, die Anlage nur mit einer Linie zu betreiben. Die Zugabe des Trockenklärschlamms (größer 90 % TS) als Zusatzbrennstoff ermöglicht bei Lasteinsenkung einen autarken Verbrennungsbetrieb. Durch den höheren Heizwert kann zur Einhaltung der genehmigungspflichtigen Deckentemperatur der Brennkammer von 850 °C auf den Einsatz von heizölgespeisten Stützbrennern verzichtet werden. Die Wirbelbrennkammer (Bild 5) ist unterteilt in Haupt- und Nachbrennkammer und besitzt eine Höhe von ca. 19 m und einen Durchmesser von 6,60 m. Beide besitzen eine zylindrische Form und befinden sich in horizontaler Anordnung zueinander. Der untere Teil der Hauptbrennkammer bildet die Windbox mit der Heißwind- erzeugung und dem Düsenboden. Die aus dem Klärschlammbunker abgesaugte Luft wird über einen Luftvorwärmer erhitzt und durch den Düsenboden geblasen. Dies bewirkt, dass das Wirbelsandbett erhitzt und in eine fluidisierende Bewegung versetzt wird. Der über die beiden Wurfbeschicker eingetragene Klärschlamm wird durch das aufgewirbelte Sandbett zerrieben und bei Vorliegen der entsprechenden Partikelgröße verbrannt. Sekundärluft wird ringförmig an zwei Stellen im unteren Teil der Nachbrennkammer eingedüst. In beiden Kammern sind heizölgespeiste Stützbrenner installiert. Die Verbrennungsrauchgase werden durch den Überstrombogen zu den parallel zur Brennkammer positionierten Abhitzekesseln (Bild 5) geleitet. Ermöglicht wird dies durch das Saugzuggebläse. Im Abhitzekessel befinden sich in vertikaler Anordnung die Wärmeübertrager des Wasser-Dampf-Kreislaufs, beginnend mit dem Schockverdampfer, den Überhitzern, den Verdampfern und den Economizern. Das heiße Rauchgas wird im Abhitzekessel von ca. 880 °C auf ca. 200 °C abgekühlt und im Gegenzug Speisewasser verdampft. Die Verschaltung der Verdampfer und Überhitzer gewährleistet einen Heißdampf mit ca. 400 °C und 40 bar. Dieser wird auf den Twin-Turbosatz geleitet, durch den in erster Linie der Eigenstrombedarf der KVA gewährleistet wird. Der überschüssige Strom wird in das örtliche Netz eingespeist. Die Turbine besitzt eine Entnahme, die über die Niederdruckschiene die Scheibentrockner, den Speisewasserbehälter und die Gebäudeheizung mit Dampf versorgt. Die Eintrittstemperatur in die Rauchgasreinigung liegt bei ca. 195 °C. Im ersten Schritt werden mitgerissene Aschepartikel aus der Verbrennung in der ersten Filterstufe abgeschieden. Dabei handelt es sich um die Kesselasche, die für das Phosphorrecycling vorgesehen ist. Über Austragsschnecken und ein Transportleitungssystem wird die Kesselasche in die dafür außen aufgestellten Silos (4 x 240 m³) befördert. Das Rauchgas strömt weiter über einen Luftvorwärmer zum Kugelreaktor. An dieser Stelle wird dem Rauchgas Kalkhydrat und Herdofenkoks zugemischt. Dies dient zur Schadstoffabsorption, damit die Emmissionsgrenzwerte nach 17. BImSchV eingehalten werden. Durch die nachgeschaltete zweite Filterstufe erfolgt eine Abtrennung der aus dem Rauchgas absorbierten und reagierten Partikel. Der hierbei anfallende Reststoff wird als Filterstaub bezeichnet. Dieser ist wegen der Additive nicht für das PhosphoBild 3 Der Klärschlammbunker vor der ersten Beschickung Quelle: KSR Bild 4 Aufgabetrichter mit Feststoffpumpen und den Brennstofflinien mit Scheibentrocknern Quelle: Küttner Martin GmbH Bild 5 Die Wirbelbrennkammer und der Abhitzekessel der KVA Quelle: Küttner Martin GmbH
13 10/2022 nehmend großer Teil des kommunalen Klärschlamms in Kohlekraftwerken zur Mitverbrennung als Zusatzbrennstoff eingesetzt. Was für Energieerzeuger und Entsorgungsunternehmen in erster Betrachtung positive Aspekte mit sich bringt, stellt Unternehmen wie die KSR Klärschlammrecycling Bitterfeld-Wolfen GmbH und weitere, die in die Technologie der Monoverbrennungsanlagen investiert haben, durch ausbleibende Liefermengen und dadurch mögliche Unterbrechungen der Gesamtprozesse vor zunehmende Schwierigkeiten. Dr.-Ing. Dietmar Rötsch Geschäftsführer der KSR Klärschlammrecycling Bitterfeld-Wolfen GmbH dietmar.roetsch@pd-energy.de www.pd-energy.de Kai Uwe Krauel Geschäftsführer der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH www.chemiepark.de Tobias Richter Danpower GmbH www.danpower.de von insgesamt 120.000 t (OS) bereits erreicht. Ausblick Mit dieser Monoklärschlammverbrennungs- anlage wurde der Weg zur umwelt- und ressourcenschonenden Verwertung des Klärschlamms schon vor dem gesetzlich festgelegten Jahr 2029 eingeschlagen. Diese Zeit wird genutzt, um den Anlagenbetrieb sowie die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur Rohstoffrückgewinnung bestmöglich zu optimieren. Durch die Neuheit dieser Anlage und der damit verbundenen Gesamtprozesse stehen Mitarbeiter, Geschäftspartner, Zulieferer, Entsorger und Verwerter sowohl technisch als auch logistisch vor immer neuen Herausforderungen. Im Zuge der aktuellen politischen wie auch energiepolitischen Situation bleibt auch die KVA nicht von deren Auswirkungen verschont. Mit dem Druck zur Aufrechterhaltung der Energieversorgung und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch teils explodierende Preise wird derzeit ein zurrecycling vorgesehen. Der Austrag und der Transport zum ebenso außen aufgestellten Reststoffsilo (1 x 240 m³) erfolgen analog zur Kesselasche. Der Brüden aus der Trocknung des Klärschlamms der beiden Trockner wird jeweils über zwei separate Luftkondensatoren kondensiert. Anschließend wird das Brüdenkondensat über eine Rohrleitung zum Gemeinschaftsklärwerk Bitterfeld-Wolfen gepumpt und dort als Industrieabwasser behandelt. Neben den Schadstoffen sind im Brüdenkondensat zahlreiche stark geruchs- intensive nieder- und mittelkettige Kohlenwasserstoffe enthalten, die im Klärwerk für die Abwasserbehandlung als sogenannte Kohlenstoffquelle zum Einsatz kommen. Eine grobe und schematische Darstellung der KVA und des Gesamtprozesses der Klärschlammverbrennung wird in Bild 2 sichtbar. Aktueller Stand Mit Aufgabe des ersten Klärschlamms in den Aufgabetrichter begann im Oktober 2021 die „warme“ Inbetriebnahme der KVA. Die Neuheit von Anlage und Klärschlammverbrennungsprozess brachte zahlreiche Herausforderungen für den Anlagenbauer und den Betreiber mit sich. Schwankende Klärschlammqualitäten und ein abweichendes Betriebsverhalten der einzelnen Komponenten sorgten immer wieder für einen inkonsistenten Anlagenbetrieb bis hin zu mehreren Unterbrechungen. Ein maßgeblicher Faktor liegt dabei in der Knappheit von Klärschlamm. Um die Anlage trotz Fahrweise mit einem Trockner im Minderlastbetrieb energieautark fahren zu können, wird Trockenklärschlammgranulat mit in den Verbrennungsprozess gebracht. Dies und die Zugabe anderer Zuschlagstoffe beeinflussen den Anlagenbetrieb. Dabei kommt es auf das richtige Handling durch die Anlagenfahrer an, da anders als bei der Restabfallverbrennungsanlage der PD energy GmbH keine Feuerleistungsregelung existiert. All dies führte zu einer wesentlich längeren Inbetriebnahmezeit. Die KVA befindet sich derzeit noch im Probebetrieb, in dem die Leistungsfahrt und genehmigungspflichtige Abnahmen durchgeführt werden. Als Zielsetzung für die Abnahme und Übergabe der Anlage durch den Erbauer an den Betreiber wird Oktober 2022 angestrebt. Ein wichtiger Meilenstein wurde mit einer verbrannten Klärschlammmenge Projekte und Technologien Organic energy worldwide WELTEC BIOPOWER GmbH Zum Langenberg 2 • 49377 Vechta www.weltec-biopower.de Ihr Ansprechpartner: Thomas Sextro Tel. 04441 999 78-212 t.sextro@weltec-biopower.de Referenzprojekt in Bückeburg Kostensenkung für Kläranlagen bis 50.000 EW Unsere anaerobe Schlammstabilisierung senkt CO2-Emissionen, den Strombedarf und produziert auch noch Energie!
14 www.umweltwirtschaft.com Special: Klärschlamm Rückgewinnung erfüllt werden kann, ist oft nicht zu beantworten, da meist sehr unterschiedliche Randbedingungen und Möglichkeiten bestehen. Für eine Erweiterung der Möglichkeiten soll das BMBF-Förder- programm RePhoR (www.bmbf-rephor.de) Abhilfe schaffen. Als eines von sieben geförderten Projekten zur großtechnischen Umsetzung innovativer Phosphorrückgewinnungskonzepte beschäftigt sich das Projekt KlimaPhoNds (www.klimaphonds.de) mit der dezentralen P-Rückgewinnung aus Abwasser/Klärschlamm. KlimaPhoNds – ganzheitliches Konzept entwickeln Das Ziel von KlimaPhoNds ist die Entwicklung eines ganzheitlichen Konzepts einer klimaschonenden und ressourceneffizienten Klärschlammverwertung, dessen Funktion auf der Kläranlage Northeim im technischen Maßstab demonstriert werden soll. Neben der Rückgewinnung von Phosphor sollen auch Stickstoff und Magnesium zurückgewonnen und verwertet werden. Ressourcen- und Klimaeffizienz werden durch eine mehrfache Wärmenutzung ohne externe Zusatzenergie und die reststofffreie Verwertung eines phosphatarmen, vollgetrockneten Klärschlamms als Brenn- und Zuschlagstoff in der Zementindustrie erreicht. Verfahrenstechnologie Ausgangspunkt des Konzepts ist die Phos- phatrücklösung aus Überschussschlamm. Durch eine optimierte thermische Schlamm- hydrolyse können bis zu 80 % des im Schlamm enthaltenen Phosphors in das In nicht allzu ferner Zukunft dürfte der Bedarf an lebenswichtigem Phosphor nicht mehr allein durch die Gewinnung und Aufbereitung von Phosphaterzen gedeckt werden können. Deutliche Preissteigerungen und Lieferengpässe werden insbesondere für importabhängige Länder wie Deutschland schwerwiegende Folgen haben. Es wurden deshalb gesetzliche Vorgaben getroffen, nach denen zeitnah alternative Phosphorquellen aus Abfallströmen zu erschließen sind. Damit könnte ein Großteil des inländischen Phosphorbedarfs abgedeckt und die Importabhängigkeit Deutschlands reduziert werden. Insbesondere Abwasser und Klärschlamm bieten ein hohes Rückgewinnungspotenzial. Entsprechend der Novellierung der Klärschlammverordnung gilt die Pflicht zur Rückgewinnung je nach Kläranlagengröße ab 2029 oder 2032. Diese kann dabei generell auf zwei Wegen erfolgen, entweder aus Abwasser/Schlamm oder aus der Asche nach einer Monoverbrennung. Wird Phosphor aus dem Abwasser oder Schlamm zurückgewonnen, muss der Phosphorgehalt im Klärschlamm auf unter 2 % bzw. bei phosphorreichen Schlämmen (> 4 % P) um mindestens 50 % abgereichert werden. Bei einer Rückgewinnung aus Klärschlammasche müssen mindestens 80 % der in der Asche enthaltenen Phosphorfracht zurückgewonnen werden. Die Entscheidung, wie der Phosphor rückgewonnen werden soll, obliegt den Kläranlagenbetreibern und wirft aktuell noch viele Fragen auf. Insbesondere bei einer Phosphor- rückgewinnung aus Abwasser / Schlamm, d. h. bei der dezentralen Phosphorrückgewinnung auf Kläranlagen, sehen viele Betreiber das Risiko, den vorgegebenen Grenzwert nicht unterschreiten zu können. Obwohl eine Vielzahl an dezentralen Rückgewinnungsverfahren entwickelt und im Pilotmaßstab betrieben wurden, gibt es kaum eine Anlage, die die Grenzwertunterschreitung von 20 gP/kgTM im entwässerten Klärschlamm nachweist. Die entscheidende Frage, ob und mit welchem Kostenaufwand die gesetzliche Pflicht zur dezentralen (aus Abwasser/Klärschlamm) Prof. Dr.-Ing. Michael Sievers; René Schumann Klima- und ressourcenschonende Phosphorrückgewinnung Im Projekt KlimaPhoNds wird zur dezentralen Phosphorrückgewinnung geforscht. Hierbei geht es um den Aufbau von mehreren Stoffkreisläufen für Phosphor, Stickstoff und Magne- sium bei gleichzeitig reststofffreier Klärschlammverwertung und CO2-Einsparung. Bild 1 Konzeptschema vom Projekt KlimaPhoNds Quelle: Cutec
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