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Praxismagazin für Trink- und Abwassermanagement Für die Zukunft gewappnet: Neue Fernwasserleitung sichert Trinkwasserversorgung im Ballungsraum Halle Mit 27 Seiten Special: Rohre + Kanäle 3 März 2023 Vorstellung der Finalisten: Nachwuchspreis Deutsche Wasserwirtschaft 2023 wasserwirtschaft wassertechnik

02 GREEN.WORKS – GROWNOW WISSENSPARTNER Klimafreundliche Immobilien! Innovativ (um)bauen, Treibhausgase reduzieren. Wir zeigen Ihnen wie. Immobilien sind ein wesentlicher Emittent von Treibhausgasen. Was kann getan werden, damit sie klimafreundlicher werden? Lernen Sie, warum Immobilien zu Stranded Assets werden könnten. Verstehen Sie, wie Sie die Klimawirkung einer Immobilie bestimmen und verbessern. Erfahren Sie, was sich mit baulichen Maßnahmen und smarter Technik erreichen lässt. Jetzt zählt Wachstum: unternehmerisch, nachhaltig, persönlich JETZT ANMELDEN: Masterclass –28.03.2023 Deep Dive –04.05.2023 Masterclass Live – Ende Sept. www.how-green-works.de THEMA

1 3/2023 Dass der Klimawandel in den Wasserkreislauf des Planeten eingreift, ist bekannt. Der Klimawandel und der weltweit zunehmende Wasserverbrauch dürften die Wasserkrise in vielen Teilen der Welt weiter verschärfen, aber wie kritisch wird die Situation wirklich werden? Neue Analysen zeigen: Das Abflussverhalten dürfte vielerorts empfindlicher reagieren als bisher angenommen. Die übliche Methode zur Prognose der zukünftigen Wasserverfügbarkeit besteht in der Anwendung von Erdsystemmodellen, bei denen der Abfluss als Differenz von simuliertem Niederschlag und lokaler Infiltration angesetzt wird. Aufgrund der Heterogenität von Boden und Vegetation und der daraus resultierenden Skalenprobleme ist der derart prognostizierte Abfluss allerdings recht unsicher. Ein kürzlich in Nature Water veröffentlichter Fachartikel beschreitet einen alternativen Weg, bei dem die Elastizität des Abflusses herangezogen wird, definiert als die prozentuale Änderung des Abflusses bei einer 1%igen Änderung der Einflussfaktoren wie Niederschlag, potenzieller Verdunstung und Grundwasserspeicherung. Die Studie berechnete die Elastizität aus den Schwankungen langer Reihen gemessener Abflüsse und den zugehörigen Einflussfaktoren für 9.505 Einzugsgebiete weltweit. Die Ergebnisse zeigen, dass der globale Abfluss in naher Zukunft (2021–2050) möglicherweise niedriger sein könnte als von den Erdsystemmodellen vorhergesagt, insbesondere in Afrika, Australien und Nordamerika. Der vergleichsweise geringere Abfluss ist auf einen geringeren Einfluss des Niederschlags auf den Abfluss und eine stärkere Empfindlichkeit des Abflusses gegenüber Veränderungen der Evapotranspira- tion zurückzuführen. Letztere hängt mit einer erhöhten Strahlungsenergie und einem größeren Wasserdampftransfer sowie einem stärkeren Pflanzenwachstum zusammen. Prognosemodelle über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserversorgung berücksichtigen derzeit meist nicht die auf Messungen basierte Elastizität des Abflusses. Mit der vorgestellten Methode sollten die Modelle getestet und entsprechend angepasst werden. Die Ergebnisse der Studie zeigen jedenfalls, dass die Gefahr des Klimawandels auf die Wasserversorgung in vielen Teilen der Erde bisher unterschätzt wurde. Zhang, Y.; Zheng, H.; Zhang, X.; Leung, L. R.; Liu, C.; Zheng, C., [...] Blöschl, G. (2023): Future global streamflow declines are probably more severe than previously estimated. In: Nature Water, S. 1–11 Wie kritisch wird die globale Wasserkrise? Die Studie deutet auf die Möglichkeit hin, dass eine künftige Wasserkrise schwerer ausfallen könnte als erwartet, und bietet einen alternativen Ansatz für künftige Studien, um die Zuverlässigkeit der Prognosen zu erhöhen. Kommentar Prof. Dr.-Ing. Günter Blöschl, Leiter des Instituts für Wasserbau und Ingenieurhydrologie an der TU Wien Quelle: TU Wien

2 www.umweltwirtschaft.com Inhalt Titelbild: Die Fernwasser Elbaue-Ostharz ist einer der großen deutschen Wasserversorger. Sie beliefert als Vorversorger Stadtwerke, Zweckverbände und industrielle Direkt- abnehmer in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen mit Trinkwasser. Nach 14 Jahren Bauzeit konnte 2022 eine 42 km lange Fernleitung in Betrieb genommen werden, die das Trinkwasser vom Ostharz in den Raum Halle leitet. Das Bild zeigt die Einbindung der neuen Parallelleitung in die Bestandsleitung DN 1000 nach demMessschacht Plötz zum Abschluss des Vorhabens imAugust 2022. Quelle: Jennifer Dademasch/FEO 2022 Kommentar 1 Wie kritisch wird die globale Wasserkrise? Prof. Dr.-Ing. Günter Blöschl Wasserszene 4 DVGW hat Wasserbedarf der Elektrolyse untersucht DVGW e. V. 4 Hochwasserschutz ist Daseins- vorsorge Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein- Westfalen 5 Fische schützen, Wasserkraft ermöglichen Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 6 Ukraine-Hilfe konkret Berliner Wasserbetriebe und Verband kommunaler Unternehmen 6 Unternehmen wirbt um Nach- wuchs Berliner Wasserbetriebe 7 Den Wert des Wassers erkennen, Resilienzen entwickeln IWW Zentrum Wasser Special: Rohre + Kanäle Interview 18 Stärker präsent: Wasserthemen beim Oldenburger Rohrleitungs- forum Im Gespräch mit Prof. Thomas Wegener Projekte und Technologien 20 Großdimensionierte Fernwasser- leitung – mehr Sicherheit bei der Trinkwasserversorgung Michael Haupt; Dr. Matthias Standfuß 25 Langfristiger Kanalschutz – Wirk- samkeit von Wurzelbarrieren Kilian Möllers; Dr.-Ing. Mirko Salomon; Prof. Dr.-Ing. habil. Bert Bosseler; Prof. Dr. Thomas Stützel; Maria Rus; Kees Groeneveld 7 Bodensanierung Schwarze Pumpe abgeschlossen Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft Nachwuchspreis Deutsche Wasserwirtschaft 2023 8 Leserwahl entscheidet im Mai über Sieger 9 Die Finalisten der Bachelor- und Masterarbeiten Abstract der Bachelorarbeiten 10 Entwicklung eines Konzepts zur Überflutungsvorsorge Jakob Ritthammer 12 Bewertung eines modularen Filtersystems für Straßenablauf- wasser Leonard Wegmann Abstract der Masterarbeiten 14 Behandlung von Konzentraten aus der Trinkwasseraufbereitung Silja Rau 16 Simulation hydrologischer Extreme Nicole Tatjana Scherer berlinerwasser.de/karriere

3 3/2023 KI-gestützte Sanierungsplanung, langfristiger Leitungsschutz sowie maßgeschneiderte Kanalsanierung Quelle: Funke Kunststoffe GmbH Sanierung 30 KI-gestützte Strategie- und Sanierungsplanung in Neu-Ulm Dr. Martin Wolf; Jochen Meissner Gütesicherung 36 Eine konstante Größe RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau Praxisberichte 38 Minimalinvasiv zum perfekten Ergebnis Aarsleff Rohrsanierung GmbH 41 Maßgeschneiderte Lösungen für die Kanalsanierung Funke Kunststoffe GmbH 44 Zukunftsweisendes Leitungsnetz Simona AG Markt & Trends Produkte und Projekte 45 Experten für die Förderung schwieriger Medien Dickow Pumpen GmbH 45 Neues Expoxidharz Brawo UVPox im Großraum Bremen getestet Brawo Systems GmbH Wasser & Energie Projekte und Technologien 46 Ab in die Tiefe – Potsdam setzt auf Geothermie Uwe Manzke Umwelt Projekte und Technologien 48 Ein Jahr abwasserfreie Emscher – ein Fluss im Übergang Emschergenossenschaft/Lippeverband Grundwassersanierung 50 Die Stadtwerke Rastatt klagen gegen das Land Baden-Württem- berg Stadtwerke Rastatt 52 Entfernung von PFAS-Verbindun- gen Lanxess Deutschland GmbH Projekte 54 Forschungsprojekt für bessere Frühwarnung an der Oder Bundesumweltministerium 54 LNG-Terminal Rügen vor Sellin geplant Deutsche Umwelthilfe 55 Verlust von Feuchtgebieten fällt geringer aus Greifswald Moor Centrum Ressourcenschutz 56 Meninting-Damm-Projekt fördert den Zugang zu Wasser Aude Camus Gewässerschutz 59 Ströme der Erde – Teil 15: Der Jangstekiang Dr. Wolfgang Berger Rubriken 51 Adressen für Fachleute 57 Impressum ab S. 25 ab S. 50 Auf ewig im Grundwasser? Handlungsdruck bei PFAS steigt weiter. Quelle: Oliver Hurst Inhalt

4 www.umweltwirtschaft.com wasser infrage. Nach einer Studie der Stiftung Offshore-Wind- energie sehen die Ausbaupläne ohnehin vor, dass ein Drittel der Elektrolysekapazitäten direkt bei den Windparks in der Nordsee und zwei Drittel an Land installiert werden. Der Bedarf an Süßwasser würde sich dadurch reduzieren. Eine alternative Rohwasserquelle für küstenferne Regionen wäre zudem die Nutzung von Abwässern aus Kläranlagen, die gereinigt und zu Reinstwasser für den Elektrolyseur aufbereitet werden können.  DVGW e. V. www.dvgw.de ten Verfügbarkeit und Qualität der Wasserressourcen am jeweiligen Standort ebenso in die Kapazitätsplanung einfließen wie die regionalen Auswirkungen und langfristigen Folgen. Dies gelte insbesondere für Regionen, die in den vergangenen Jahren von Trockenheit und Dürre betroffen waren – beispielsweise Regionen in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen. Steht Oberflächen- oder Grundwasser nur begrenzt zur Verfügung, können auch andere Quellen genutzt werden. An küstennahen Standorten oder für die Offshore-Elektrolyse kommt auch entsalztes MeerDVGW e. V.: Untersuchung zum Wasserbedarf der Elektrolyse Die Wassermengen, die für die Erzeugung von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse benötigt werden, beeinträchtigen die Trinkwasserversorgung in Deutschland nicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des DVGW. Zugrunde gelegt wurde eine installierte Elektrolyseleistung von 10 GW bis 2030. Die dafür benötigte Wassermenge liegt bei rund 7 Mio. m3 Reinstwasser. Dies entspricht maximal 9 Mio. m3 aus natürlichen Ressourcen gewonnenem Süßwasser. Im Vergleich zu anderen Nutzungen ist dies eine kleine Menge. Allein für die Beregnung von landwirtschaftlichen Flächen wurden im Jahr 2019 fast 9 Mio. m3 Rohwasser genutzt. In der Energiewirtschaft entwichen im selben Jahr mindestens 300 Mio. m3 aus den Kühltürmen der Kraftwerke durch Verdunstung – also mehr als das Dreißigfache von dem, was für die Elektrolyse notwendig wäre. Laut DVGW-Berechnung wird die gesamte Wassernachfrage in Deutschland durch die Erzeugung von grünem Wasserstoff per Elektrolyse selbst bei ei- ner langfristigen Ausbauleistung von 40 GW nur um weniger als 1 % steigen. DVGW-Vorstand Dr. Wolf Merkel erklärt: „Angesichts zunehmender Hitze- und Trockenperioden wächst die Sorge um die Verfügbarkeit unserer Trinkwasserressourcen. Die Ergebnisse unserer Berechnungen schaffen dahingehend Klarheit, dass die von der Politik derzeit geplanten Elektrolysekapazitäten keine nennenswerte Erhöhung des deutschlandweiten Wasserbedarfs bedeuten.“ Wichtig sei, von Anfang an regio- nale Gegebenheiten zu berücksichtigen, betont Merkel. So sollWasserszene Alternative ohne Reinstwasser: Das Berliner Technologieunternehmen Graforce hat ein Verfahren entwickelt, bei dem aus Klärgas und Klärschlamm-Presswasser mittels Plasmalyse Wasserstoff produziert werden kann. Quelle: Graforce lens ist dabei einer der wichtigsten Bausteine für eine frühzeitige Hochwasserinformation und eine verbesserte Hochwasservorhersage. Hierdurch soll die Bevölkerung zusammen mit anderen Maßnahmen besser und frühzeitiger vor Hochwasserereignissen geschützt und informiert werden.“ Daher sei auch die schnelle Instandsetzung der zerstörten Pegel nach dem Hochwasser im Juli 2021 ein wichtiger Schritt gewesen.  Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr www.umwelt.nrw.de/ Hochwasservorhersage und den Hochwasserinformationsdienst eingesetzt. „Hochwasserschutz beginnt schon bei der Vorhersage. Die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 hat uns dies eindrücklich vor Augen geführt“, sagte Umweltminister Oliver Krischer. „Unser Ziel ist es, das bestehende Pegelmessnetz auszubauen und zu optimieren. Ein modernes, ausfallsicheres Pegelmessnetz mit einer ausreichenden Anzahl von Messstellen auch an den mittleren und kleineren Gewässern Nordrhein-WestfaMinisterium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr: Hochwasserschutz ist Daseinsvorsorge Auf einer Länge von rund 6.000 km an 438 Gewässern gibt es in Nordrhein-Westfalen ein signifikantes Hochwasserrisiko. Umweltminister Oliver Krischer sieht die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen beim Ausbau der Hochwasservorsorge und des Hochwasserschutzes im Plan. Insbesondere bei der Umsetzung des Zehn-Punkte-Arbeitsplans konnten mit dem Nachtragshaushalt 2022 weitere konkrete Maßnahmen finanziell unterfüttert werden. So seien mit dem Haushalt 31 weitere Stellen allein für das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW eingerichtet worden. Diese Stellen würden vor allem für die Hochwasserschutz durch neu gestaltete Überflutungsflächen wie hier bei der renaturierten Boye (Nebenfluss der Emscher) Quelle: IMAGO / Rupert Oberhäuser

5 3/2023 unverändert hoch bei bis zu 95 % (Gewässerrenaturierung) oder bis zu 85 % (Hochwasserschutz) der zuwendungsfähigen Kosten. Hintergrund Der Mindestwassererlass richtet sich an die Wasserbehörden und dient dem einheitlichen Vollzug der Anforderungen des europäischen und deutschen Wasserrechts bei der Festsetzung der Mindestwasserführung. Zur Neufassung wurde die bisherige Regelung aus dem Jahre 2018 durch das Hessische Umweltministerium evaluiert. Der Evaluierungsprozess fand unter Einbindung des Wirtschaftsministeriums, des Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie, der Wasser- und Fischereibehörden sowie der Wasserkraft-, Naturschutz- und Umweltverbände statt.  Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz https://umwelt.hessen.de/wasser/ fluesse-und-baeche Maßnahmen zur Schaffung der Durchgängigkeit bei kleiner Wasserkraft „Die Vereinbarkeit der erneuerbaren Energien mit der Gewässerökologie ist zentral. Betreiber der Wasserkraft, die an ihren Anlagen die Durchgängigkeit für Fische wiederherstellen, werden zukünftig hierbei durch das Umweltministerium gefördert“, so die Ministerin. Die novellierte Förderrichtlinie zur Gewässerentwicklung und zum Hochwasserschutz, die zeitgleich mit dem Mindestwassererlass vorgelegt wurde, ermöglicht das. Private Betreiberinnen und Betreiber von Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von bis zu 250 kW können für Maßnahmen zur Wiederherstellung der Fischdurchgängigkeit 75 % Förderung erhalten. Kommunen haben mit der Förderrichtlinie auch weiterhin die Möglichkeit, Maßnahmen für Gewässerrenaturierung und Hochwasserschutz fördern zu lassen. Die Förderquoten liegen Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Fische schützen, Wasserkraft ermöglichen Hessen verbindet die Gewässerökologie und die Förderung erneuerbarer Energien. Grundlage dafür sind der neue Mindestwassererlass und die novellierte Förderrichtlinie zur Gewässerentwicklung und zum Hochwasserschutz, die am 13. Februar 2023 veröffentlicht wurden. Der Mindestwassererlass regelt, dass auch beim Ableiten und Entnehmen von Wasser eine ausreichende Abflussmenge im Gewässer bleibt, und schützt damit das Gewässer als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Auch für das Funktionieren von Fischtreppen und Umgehungsgewässern ist bei Nutzung der Wasserkraft eine Mindestwasserführung entscheidend. Wandernde Fische wie die Barbe oder die Nase, aber auch Lachs und Aal sind auf die Durchgängigkeit und ökologische Funktionsfähigkeit des gesamten Gewässersystems angewiesen. Mindestwasserfestsetzung vor Ort und imDialog klären Der neue Mindestwassererlass berücksichtigt das CO2-Vermeidungspotenzial der Wasserkraft bei der Energiegewinnung und trägt den neuen Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Rechnung. In Zukunft sollen in einem Beratungsgespräch der Wasserbehörde gemeinsam mit den Betreibern die Möglichkeiten und Anforderungen im Einzelfall für eine Mindestwasserfestsetzung transparent geklärt werden. Zudem liegt künftig der Fokus bei der Mindestwasserfestsetzung auf der Vor-Ort-Messung als alternativer Möglichkeit zum Berechnungsverfahren. Das Verfahren zur Vor-Ort-Messung wurde vereinfacht und im Untersuchungsumfang reduziert, sodass kostengünstigere Gutachten erstellt werden können. Beim Berechnungsverfahren sind nun bei geeigneten Abflussverhältnissen im Gewässer auch Reduzierungen der Mindestwassermenge zugunsten der Wasserkraft möglich. Das Trockenfallen des Betriebsgrabens bei Niedrigwasser soll durch eine entsprechende Abflussaufteilung verhindert werden. Projekte Die Edertalsperre in Hessen, einer der größten Stauseen Deutschlands, wird von der Eder durchflossen und liegt im Nationalpark Kellerwald-Edersee. Der Edersee wurde 1914 aufgestaut und dient als Wasserreservoir, Hochwasser-Rückhaltebecken und zur Stromerzeugung mittels Wasserkraft. Quelle: IMAGO/imagebroker

6 www.umweltwirtschaft.com Wasserszene spenden.“ Einen großen Anteil am Zustandekommen dieser Hilfslieferung hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), das die verwaltungstechnischen Prozesse deutlich verringerte und den bürokratischen Aufwand bei Zoll, Ausfuhrkontrolle und Transport auf ein Minimum reduzierte. Gemeinsam mit der Bundesumweltministerin Svenja Schulze, dem Vizepräsidenten des VKU Karsten Specht und dem Vorstandsvorsitzenden der Berliner Wasserbetriebe Christoph Donner wurden diese Fahrzeuge am 6. Februar in Berlin offiziell übergeben. Mitte Februar wurden sie in die Ukraine transportiert. R. Lang  Berliner Wasserbetriebe www.bwb.de Lviver Abwasserunternehmen Lvivodokanal insgesamt sieben Fahrzeuge gespendet. Diese sind zwischen 11 und 23 Jahren alt und wurden bereits außer Dienst gestellt – nun jedoch technisch überprüft, instandgesetzt und repariert. Bereits im Vorfeld der Lieferung gab es Kontakte zu den ukrainischen Partnern, um den konkreten Bedarf zu bestimmen. Vermittelt wurde dieses Projekt durch den VKU. Dessen Vizepräsident Karsten Specht hob hervor: „Mit ihrer großzügigen und dringend benötigten Spende stehen die Berliner Wasserbetriebe heute exemplarisch für mehr als 40 kleinere und größere kommunale Wasserversorger und Abwasser- entsorger aus ganz Deutschland, die seit Beginn des Krieges technische Hilfsgüter an die Ukraine Berliner Wasserbetriebe und Verband kommunaler Unternehmen: Ukraine-Hilfe konkret Ende Februar jährte sich der brutale Überfall Russlands auf die Ukraine zum ersten Mal. Neben militärischen Zielen greift Russland auch viele zivile Objekte an. Im Herbst des letzten Jahres begann das russische Militär, gezielt die Infrastruktur zu zerstören. Kraftwerke, Umspannstationen, aber auch die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung lagen im Visier. Viele dieser Ziele liegen in den mittleren und westlichen Teilen des Landes. Ihre Zerstörung lässt sich militärisch nicht begründen, hat aber die Zermürbung des ukrainischen Widerstandes zum Ziel. Die Zerstörungen sind gewaltig! Um der ukrainischen Bevölkerung zu helfen, gibt es zahlreiche Hilfsprojekte. So haben die Berliner Wasserbetriebe zur Aufrechterhaltung der Abwasserentsorgung dem Weiterbildungs- und Arbeitsperspektiven innerhalb der Region aufzuzeigen. Die Berliner Wasserbetriebe planen weitere Projekte mit Schulen und Bildungseinrichtungen in der Region. In die Prozesse sollen auch die Jobcenter aktiv einbezogen werden. R. Lang  Berliner Wasserbetriebe www.bwb.de werden, um sich über das Ausbildungsspektrum der BWB zu informieren. Die potenziell Auszubildenden sollen die Chancen und Möglichkeiten für die eigene berufliche Entwicklung kennenlernen und Einblicke in die Realität betrieblicher Abläufe bekommen. Derzeit bietet das Unternehmen 21 verschiedene Ausbildungsberufe und duale Studiengänge an, überwiegend im technisch-gewerblichen und kaufmännischen Bereich. Auch von der sozialen Seite gibt es gute Angebote: Eine attraktive Ausbildungsvergütung, eine Übernahmegarantie bei erfolgreichem Lehrabschluss für ein Jahr und Auslandspraktika sind starke Argumente. Auch ist es wichtig, den Auszubildenden ihre Berliner Wasserbetriebe: Unternehmen wirbt um Nachwuchs Dass dem deutschen Arbeitsmarkt massiv Fachkräfte fehlen, ist nicht neu. Parallel dazu bewegt sich der Ausbildungsmarkt in Deutschland in einer Abwärtsbewegung. Gab es im Ausbildungsjahr 2005/06 noch weit über 750.000 Bewerbungen für eine berufliche Ausbildung, so lag 2021/22 die Zahl der Inte- ressenten bei gerade mal etwas über 420.000. Ein wichtiger Grund hierfür ist der demografische Wandel. Für das eigene Unternehmen geeignete Nachwuchskandidaten unter den Schulabgängern zu gewinnen, wird immer komplizierter. Um diese Engpässe zu überwinden, gehen die Berliner Wasserbetriebe einen interessanten Weg. Im Rahmen einer Ausbildungsinitiative wenden sie sich gezielt an Schulen und Bildungseinrichtungen. Auf diesem Weg können sie mit Schülern und dual Studierenden frühzeitig ins Gespräch kommen. Konkret wurde dies in der ersten Kooperationsvereinbarung zwischen den BWB und der Oberschule am Airport in Schönefeld (Dahme-Spreewald) bei Berlin. Die Schule liegt in der Nähe des Ortsteils Waßmannsdorf, imEinzugsbereich des zweitgrößten Klärwerks der Berliner Wasserbetriebe. Im Rahmen von Unternehmensbesuchen, gegen- seitigen Treffen, Praktika und Informationsveranstaltungen sol- len Schülern und Eltern ein Anreiz und ein Überblick gegeben Gespendete technische Hilfsgüter für die Ukraine: gemeinsame Übergabe von den Berliner Wasserbetrieben, Bundesumweltministerin Lemke und VKU-Vizepräsident Specht Quelle: R. Lang Die Berliner Wasserbetriebe und die Oberschule amAirport in Schönefeld beimBeschließen der Schulkooperation. Stefan Schneider (Lehrer der Oberschule amAirport), Kerstin Oster (Personalvorständin der Berliner Wasserbetriebe) und Erik Heinig (Schulleiter der Oberschule amAirport) bei der Vertragsunterzeichnung (v. l. n. r.). Quelle: Berliner Wasserbetriebe

7 3/2023 Projekte nen zum Wasserrückhalt und Lösungsansätzen, mit denen die Resilienz der Wasserversorgung gesteigert werden kann. Die Diskussion machte klar, dass Politik, Verwaltung und Gesetzgeber gefragt sind, so u. a. bei der Anpassung der Spitzenbedarfswerte in den Wasserrechten. Eine enge Verzahnung der Wasserwirtschaft mit Stadtentwicklungsplanungen und Konzepten zur Entwicklung des ländlichen Raumes, aber auch innovative Verfahren zur Wasserwiederverwendung sind notwendig.  IWW Zentrum Wasser https://iww-online.de/ nachhaltiges, integriertes Wassermengenmanagement, das sowohl Mangelsituationen als auch Überflutungsgefahren gerecht wird und absichert, dass in Niedersachsen auch in Zukunft Wasser in ausreichender Qualität und Quantität nutzbar ist. Für einen Masterplan Wasser braucht es die Zusammenarbeit vieler Disziplinen. Godehard Hennies, Geschäftsführer des WVT, und Dr. Tim aus der Beek vom IWW Zentrum Wasser führten durch eine Reihe von hochkarätigen Vorträgen und angeregten Diskussionen wie zur Vorrangstellung der Wasserversorgung, den OptioIWW ZentrumWasser: Den Wert des Wassers erkennen, Resilienzen entwickeln „Die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser zu jeder Zeit und der hohe Standard der deutschen Abwasserbehandlung sind Teil unserer Lebensgrundlage, sind Standortfaktor für unsere Kommunen und das ganze Land. […] Unausweichlich ist: Der Wert des Wassers wird steigen.“ Mit diesen Worten begrüßte Heiko Albers, Präsident des Wasserverbandstag e. V. (WVT), anlässlich der gemeinsamen Fachtagung von WVT und IWW am 9. Februar 2023 die 160 Teilnehmer. Bei der 5. Hannover Fachtagung „Sicherheit & Resilienz der Niedersächsischen Wasserversorgung in Zeiten des Klimawandels“ berichteten Wasserwirtschaftler, Wasserversorger und die Forschung zum Wissensstand und den vorliegenden Erfahrungen bei der Entwicklung und Anwendung von Klimawandelanpassungsmaßnahmen. Der Niedersächsische Umweltminister Christian Meyer erläuterte die Vorstellungen der Landesregierung zum Masterplan Wasser. Seiner Meinung nach hat die Klimakrise Niedersachsen erreicht. Extremwetterereignisse wie Stark- regen oder Dürren werden das Land künftig noch stärker betreffen. Umso dringender wird ein Folge. Der an die LMBV erteilte Auftrag, die stillgelegten Anlagen zurückzubauen und weitgehend zu sanieren, schloss auch die Reinigung des kontaminierten Grundwassers ein. Über mehrere Haltungsbrunnen gelangte das belastete Grundwasser in die Abwasserbehandlungsanlage des Industrieparks Schwarze Pumpe. Dort wurde es biologisch gereinigt. Im Vorfeld mussten ca. 13.000 m3 alte Bausubstanz abgebrochen und entsorgt werden. Die Sanierungsarbeiten führte die Arge VTRA (Lobbe Industrie- service GmbH & Co. KG und Bauer Resources GmbH) im Auftrag der LMBV aus. R. Lang  LMBV www.lmbv.de Reinigungsanlage verbracht. Der entnommene Bodenwurde in der vakuumthermischen Reinigungsanlage (VTRA) des Industrie- parks aufbereitet und das gerei- nigte Material anschließend wie- der am Entnahmeort eingebracht. Auf dem Gelände des früheren Gaskombinates Schwarze Pumpe wurden von 1955–1990 etwa 900 Mio. t Rohbraunkohle zu Kohlebriketts, Elektroenergie, Koks und Gas veredelt. Neben drei Brikettfabriken, drei Kraftwerken, einer Kokerei und einem Druckgaswerk gab es Nebenanlagen zur Entphenolung, Extrak- tion und Destillation. Letztere waren insbesondere für den hohen Schadstoffeintrag in den Boden verantwortlich. Eine hohe Belastung des Grundwassers war die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft: Bodensanierung Schwarze Pumpe abgeschlossen Die Bodensanierungsarbeiten auf dem Gelände des Industrieparks Schwarze Pumpe (zwischen Südbrandenburg und Nordsachsen) sind am9. Februar 2023 durch die LMBV offiziell abgeschlossenworden. Im Klubhaus der Schwarzen Pumpe wurde in Gegenwart von etwa 100 Gästen der beteiligten Firmen und Behörden das Ende dieser Arbeiten im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung be- gangen. Mittels vakuumthermischer Bodenreinigung wurden zwischen Mitte 2017 und Ende 2022 etwa 400.000 t Boden bewegt und davon ca. 286.000 t kontaminierter Boden gereinigt. Die dabei angefallene Schadstoffmenge be- trug weit über 760 t. Auf einer Gesamtlänge von ca. 1,3 km entstanden Primärspundwände bis in eine Tiefe von 20 m für die Baugrubensicherung. Von einer später errichteten tieferen Arbeitsebene wurden 147 weitere Einzelspundwandkästen mit einer jeweiligen Grundfläche von 10 mal 11 m eingerichtet. In diesen Segmenten wurde der kontaminierte Boden bis zu einer Tiefe von 14 m ausgehoben und in die Der Wasserverbandstag e. V. und das IWW ZentrumWasser veranstalteten gemeinsam die 5. Hannover Fachtagung. Quelle: IWW ZentrumWasser Die Bodensanierungsarbeiten und die Grundwassereinigung im Industriepark Schwarze Pumpe sind abgeschlossen. Quelle: LMBV

8 www.umweltwirtschaft.com werber in der Kategorie Promotion. Zahlenmäßig am stärksten vertreten waren Bewerber von der TU Berlin (5 Arbeiten), gefolgt von der TU München (2) und von der RPTU Kaiserslautern-Landau (2). Weitere Bewerbungen kamen aus Aachen, Hagen, Stuttgart, Weihenstephan-Triesdorf, Wuppertal und Hamburg. Auffallend und erfreulich war dabei auch der hohe Anteil an Bewerbungen von Studentinnen und Wissenschaftlerinnen (53 %). Wer wird Preisträger? Beginnend mit dieser Ausgabe werden die Finalisten der Bachelor- und Masterarbeiten die Kernergebnisse ihrer wissenschaftlichen Arbeit vorstellen. In der Ausgabe 4/23 folgen die Finalisten mit den Promotionsarbeiten. Auf dieser Grundlage können sich die Leser ein Urteil über die jeweiligen Favoriten bilden. Die Leserabstimmung erfolgt in diesem Jahr erst, nachdem sich die Kandidaten aus allen drei Kategorien vorgestellt haben. Anschließend wird in der Zeit vom 8. bis 19 Mai auf umweltwirtschaft.com ein Online-Abstimmungstool freigeschaltet. In einem Zeitraum von 14 Tagen kann dann über den Sieger bzw. die Siegerin abgestimmt werden. Die offizielle Bekanntgabe der Preisträger erfolgt zur Landesverbandstagung der DWA Wie in den vergangenen Jahren, so machte sich auch diesmal zum Bewerbungsschluss wieder etwas Hektik breit. Nach vier Monaten Bewerbungsphase hat ein Großteil der Bewerber es richtig spannend gemacht und die Bewerbungsunterlagen kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist eingereicht. Am Ende fanden fünfzehn Bewerbungen den Weg zur Jury, für deren Mitglieder im Anschluss mit der Sichtung der Bewerbungen die „heiße“ Phase begann. Es war wieder ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Dabei ist es mitunter nicht einfach, bei den vielen hochklassigen Arbeiten die Nuancen zu finden, die für oder gegen eine Finalteilnahme entscheiden. Verdient hätten es sicher alle. Auf jeden Fall geht ein großes Dankeschön von den Veranstaltern des Nachwuchspreises und der Jury an alle Teilnehmenden für ihr Engagement und ihre sehr guten wissenschaftlichen Leistungen. Die Arbeiten zeigen eine große thematische Vielfalt und liegen qualitativ eng beieinander. So lautete der einstimmige Tenor der Jurymitglieder, die es sich mit ihren Entscheidungen auf keinen Fall einfach gemacht haben – und dass bei vielen hundert Seiten, die von ihnen immer in kurzer Zeit gelesen und bewertet werden müssen. Fünfzehn Bewerber haben sich fristgerecht beworben – drei in der Kategorie Bachelor, neun in der Kategorie Master und drei BeNord-Ost am 26. Juni 2023 in Berlin, wo die drei Preisträger ihre Abschlussarbeiten noch einmal vor Fachpublikum präsentieren. Auch die Zweitplatzierten sind an diesem Tag herzlich zur Poster-Präsentation eingeladen. NACHWUCHSPREIS Deutsche Wasserwirtschaft VERLIEHEN VOM FACHMAGAZIN Nachwuchspreis Deutsche Wasserwirtschaft 2023 Leserwahl entscheidet im Mai über Sieger Die Fachjury hat am 17. Februar 2023 über die Finalisten entschieden. Jetzt werden deren wissen- schaftliche Arbeiten vorgestellt. Die wwt-Leser stimmen vom 8. bis 19. Mai über die Sieger ab. • Spurenstoffe im kommunalen Abwasser • Abbildung der Versickerung in Niederschlags- abflussrmodellen • Adsorptive Entfernung von Phosphonaten und Orthophosphat aus Membranen • Multifunktionale Nutzung von urbanen Flächen • Optimierung der gleichzeitigen Nitrifikation- Denitrifikation-Phosphor-Entfernung (SNDP) des biologischen Hias-Verfahrens • Ausbildungskonzept für administrativ-organisatorische Akteure im Bereich Hochwasser/Starkregen • Vergleich von zentralen und semizentralen Regen- wasserbehandlungsanlagen im Trennsystem • Kleine Wasseraufbereitungssysteme für Haushalte – Verbesserung der Betriebskenntnisse und Bewertungsschemata • Weiterentwicklung des operativen Hochwasserschutzes aus wasserwirtschaftlicher Perspektive • Hydrodynamische Optimierung eines Großpumpwerks • Niedertemperaturdestillation-Kristallisation zur Aufbereitung von Abwasserkonzentraten Die Endrunde der besten 6 Kategorie BACHELOR Jakob Ritthammer Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Leonard Wegmann TU Berlin, FG Siedlungswasserwirtschaft Kategorie MASTER Silja Rau TU Berlin, FG Umweltverfahrenstechnik Nicole Tatjana Scherer TU München, Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement Kategorie PROMOTION Dr.-Ing. Tobias Reinhardt Universität Stuttgart, Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft Dr.-Ing. Nina Röttgers TU Berlin, FG Siedlungswasserwirtschaft Vom 9.–18. Mai online abstimmen! Unter den Teilnehmern der Leserabstimmung verlost der Deutsche Fachverlag: 10 Jahresabonnements Fachmagazin wwt – wasserwirtschaft wassertechnik Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Über den Gewinn werden die Teilnehmer per Mail informiert. Vergessen Sie bitte nicht die E-Mail-Adresse bei der Abstimmung anzugeben! Teilnehmer müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Auswahl an Themenschwerpunkte bei den Bewerbungen

9 3/2023 Premiumpartner: Die Finalisten der Bachelor- und Masterarbeiten Kategorie: Bachelor Jakob Simon Ritthammer Abstract S. 10–11 Leonard Wegmann Abstract S. 12–13 Kategorie: Master Leonard Wegmann wurde 1998 in München geboren. Derzeit studiert er technischen Umweltschutz an der TU Berlin. Nach dem Abitur absolvierte er einen einjährigen internationalen Freiwilligendienst in Bolivien. Dieses Jahr sowie ein dreimonatiges Praktikum in der Landesgeschäftsstelle der Grünen/Bayern motivierten ihn zum Studium in der Fachrichtung Technischer Umweltschutz. Während seines Studiums entwickelte er ein großes Interesse an Gewässern und am Umgang des Menschen mit Wasser. Innerhalb eines Praktikums bei der Firma „AKUT Umweltschutz Ingenieure Burkard und Partner" in Berlin sammelte er 2021 weitere Erfahrungen in der praktischen Laborarbeit und bei der Betreuung einer Bodenfilteranlage. ImMai 2021 begann er sich in das Thema der dezentralen Regenwasseraufbereitung einzuarbeiten. Erste praktische Versuche im Rahmen des Forschungsprojekts „Urbanfilter“ an der TU Berlin folgten. Seit Februar 2022 ist er am Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft der TU Berlin als studentische Hilfskraft angestellt. So kann er sich noch intensiver mit der Entwicklung und Optimierung von Filtermodulen beschäftigen. Im Oktober 2022 schloss er sein Bachelorstudium ab. Seitdem studiert Herr Wegmann im konsekutiven Master. Die Arbeit als studentischer Mitarbeiter führt er fort, sodass er die entwickelten Filter in der Phase der In-situ-Versuche weiter begleiten kann. Jakob Simon Ritthammer wurde am 23. April 2000 geboren. Nach seinem erfolgreichen Schulabschluss startete er im Oktober 2018 sein Bachelorstudium im Fachgebiet Wassertechnologie an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, wobei er aufgrund seiner besonderen Leistungen in das Stipendienprogramm der Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen wurde. Im Zuge seines Praxissemsters beim Ingenieurbüro ISAS GmbH erhielt Herr Ritthammer zudem einen guten Einblick in den Bereich der Kanalsanierung. Den Bachelor of Engineering erhielt Herr Ritthammer im Herbst 2022 für die Erarbeitung eines technischen Konzepts zur Überflutungsvorsorge am Beispiel des Freisinger Stadtteils Tuching mit Betrachtung der Auswirkungen auf den Mischwasserabfluss. Von 2019–2021 engagierte sich Herr Ritthammer zunächst als zweiter und später als erster Vorsitzender der DVGW-Hochschulgruppe in Triesdorf. Seit Januar 2023 ist Herr Ritthammer als Ingenieur für Kläranlagen- & Kanalplanung bei der GFM Bau- & Umweltingenieure GmbH in München angestellt. Silja Rau Abstract S. 14–15 Silja Rau wurde 1996 in Schwäbisch Hall geboren. An ihre Schulzeit schloss sich ein freiwilliges soziales Jahr im Altenpflegeheim „Altenburgheim“ an. 2016 ging Frau Rau an die Universität Stuttgart, um dort im Bache- lorstudiengang Umweltschutztechnik zu studieren. Während dieser Zeit war sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Wasser- und Umweltsystemmodellierung am Lehrstuhl für Hydrologie und Geohydrologie tätig. Ihre Abschlussarbeit befasste sich mit der Weiterentwicklung und statistischen Charakterisierung eines Bestimmungsverfahrens zur summarischen Erfassung von Organofluorverbindungen. Anschließend wechselte Sie 2020 für ihr Masterstudium im Studiengang Technischer Umweltschutz an die TU Berlin. Während ihres Studiums war Frau Rau bereits als Praktikantin und später als Werkstudentin im Bereich Forschung/ Entwicklung bei den Berliner Wasserbetrieben tätig. Hier war sie im EU-Projekt „Digital Water City“ aktiv und beschäftigte sich mit der der Detektion von Mischwasserüberläufen mit Temperaturmessungen sowie der Detektion von Falschanschlüssen im Regenwasserkanalnetz mittels Leitfähigkeitsmessungen. Ihren Master schloss Frau Rau 2022 ab. Nicole Tatjana Scherer Abstract S. 16–17 Nicole Tatjana Scherer wurde am 5. Oktober 1991 geboren. Seit Februar 2023 ist sie als Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement der TU München bei Prof. Dr. Markus Disse tätig. Aktuell forscht sie im Rahmen des EU-Horizon-Projekts „RETOUCH Nexus” zur resilienten Wasserbewirtschaftung unter dem Klimawandel im Rahmen des WEFE-Nexus (Wasser, Nahrung, Energie, Ökosysteme). Ihren Bachelor of Science im Umweltingenieurwesen absolvierte sie an der TU München zum Thema „Physikalische Grundlagenuntersuchung von Messwehren”. An der gleichen Universität schloss sich ein Masterstudium im Fachgebiet Bauingenieurwesen an. Die Abschlussarbeit von Frau Scherer befasste sich mit der „Peak Hydrological Event Simulation with Deep Learning Algorithm”. Während ihres Studiums engagierte sie sich u. a. bei der Münchner Tafel e. V. und half bei der Verteilung von Lebensmitteln an Bedürftige. Veranstalter: Landesverband Nord-Ost unterstützt von:

10 www.umweltwirtschaft.com NACHWUCHSPREIS Deutsche Wasserwirtschaft VERLIEHEN VOM FACHMAGAZIN Jakob Ritthammer Entwicklung eines Konzepts zur Überflutungsvorsorge Im Freisinger Stadtteil Tuching ist es bereits mehrfach zu Sturzfluten und damit verbundenen Schäden gekommen. In der vorliegenden Arbeit wurde die dortige Überflutungssituation analysiert und darauf aufbauend ein Konzept zur Sturzflutvorsorge erarbeitet. Infolge des Klimawandels nehmen Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen zu. Dies gilt in direkter Folge auch für daraus resultierende Sturzflutereignisse. Anhand der verheerenden Überschwemmungen im Ahrtal im Juli 2021 wurde in besonderer Weise deutlich, dass auch Deutschland von dieser Entwicklung betroffen ist. Aufgrund der hohen Flächenversiegelung durch Straßen, Parkplätze und Dachflächen sowie der hohen Schadens- potenziale (Menschenleben, Kultur- und Sachgüter) ergibt sich insbesondere für urbane Gebiete eine erhebliche Gefährdung. Folglich ist es erforderlich, Strategien zu erarbeiten, um Siedlungsgebiete besser an die geänderten klimatischen Bedingungen anzupassen. In diesem Kontext ist eine wassersensible Siedlungsentwicklung von Bedeutung. Der Grundgedanke besteht hierbei darin, anfallenden Niederschlag nicht direkt abzuleiten, sondern mittels dezentraler Maßnahmen ortsnah zwischenzuspeichern, zu versickern und zu verdunsten. Somit wird der natürliche Wasserkreislauf möglichst weitgehend wiederhergestellt und die Grundwasserneubildung ermöglicht. Da eine Steigerung der lokalen Versickerung und Verdunstung zudem mit einer Minderung der auftretenden Abflussspitzen einhergeht, trägt die wassersensible Stadtplanung zur Überflutungsvorsorge und zur Anpassung von Städten an den Klimawandel bei. Zugleich ermöglicht sie eine Verbesserung des Stadtklimas, da die entstehende Verdunstungskälte der Ausbildung von Hitzeinseln entgegenwirkt. Analyse der Überflutungsgefahr in Tuching Im Freisinger Stadtteil Tuching ist es bereits mehrfach zu Sturzfluten und damit verbundenen Schäden gekommen. Im Zuge dieser Bachelorarbeit wurde die Überflutungsgefahr analysiert, und ein darauf aufbauendes kommunales und technisches Konzept zur Sturzflutvorsorge erarbeitet. Des Weiteren wurde untersucht, inwiefern sich das Konzept auf die Summe der Niederschlagseinleitungen in den örtlichen Mischwasserkanal auswirkt. Hierfür wurden die lizenzfrei nutzbaren Programme AKUT und SWMM eingesetzt und für den Einsatz im Ingenieurbüro evaluiert. Methodik der Untersuchungen Als erster Schritt wurden die oberflächigen Fließwege und Einzugsbereiche innerhalb des Planungsgebiets bestimmt. Dies erfolgte in QGIS unter Verwendung eines digitalen Geländemodells (DGM). Dieses wurde so bearbeitet, dass sämtliche Gebäude als Geländeerhöhungen hinterlegt wurden. Dies war erforderlich, um diese als Strömungshindernisse in AKUT zu hinterlegen. Anhand der festgestellten Einzugsbereiche und Fließwege zeigte sich, dass Außengebietszuflüsse von den nördlich angrenzenden Hanglagen die Hauptursache der Überflutungen in Tuching sind. In weiterer Folge wurde ein Maßnahmenkonzept zur Sturzflutvorsorge unter Verwendung von AKUT ausgearbeitet. Da AKUT selbst keine geeigneten Maßnahmen vorschlagen kann, müssen sämtliche mögliche Maßnahmen (primär Rückhaltebecken) durch Nutzer vorgegeben werden. Daraus wird die Maßnahmenkombination, die den besten Überflutungsschutz liefert, sowie die infolge dieser KombiWarumhabe ichmich umden Nachwuchspreis beworben? „Ich bewerbe mich um den Nachwuchs- preis Deutsche Wasserwirtschaft, da ich überzeugt bin, dass urbane Sturzfluten ein zentrales Zukunftsthema der Siedlungswasserwirtschaft sind. Hierzu konnte ich mit meiner Bachelorarbeit einen sinnvollen Beitrag leisten.“ Vom 9.–18. Mai online abstimmen! Bild 1 ImMai 2016 zerstört eine Jahrhundertflut das Dorf Braunsbach (Schwäbisch-Hall) und verursachte verheerende Schäden. Quelle: Marijan Murat/dpa

11 3/2023 Kategorie: BACHELOR demodells ermittelt wurden. Die anschließende Simulation auf Grundlage einer langjährigen Regenreihe zeigte, dass eine Reduktion der Niederschlagseinleitungen um ca. 23 % erzielt werden kann. Dieser Wert könnte durch ergänzende private Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen weiter gesteigert werden. Denkbar wären etwa Regenwasserspeicher zur Bewässerung privater Gärten, die ebenfalls in der Simulation hinterlegt werden könnten. Fazit Es zeigte sich, dass SWMM für den Anwendungsfall dieser Arbeit sehr gut geeignet ist. Kanalisation und Planungsgebiet lassen sich mit einem hohen Detaillierungsgrad darstellen und es bestehen zahlreiche Möglichkeiten die Rahmenbedingungen der Simulation an die jeweiligen Erfordernisse anzupassen. Die Genauigkeit des verwendeten SWMM-Modells wurde eher durch die Verfügbarkeit der Eingangsdaten, u. a. Bodenkennwerte, beschränkt als durch softwarebedingte Einschränkungen. Im Gegensatz dazu kann die Wirkung der Sturzflutvorsorgemaßnahmen mithilfe von AKUT nur grob abgeschätzt werden. Dies ist auf zahlreiche Vereinfachungen zurückzuführen, die für die Zielgruppe kommunale Anwender implementiert wurden. So wird etwa die Beschaffenheit der Oberflächen bei der Abflussbildung nicht berücksichtigt. Auch können kleinräumige Strukturen, wie etwa Bordsteine, nicht dargestellt werden. Die Maßnahmenplanung mit AKUT wurde dadurch erschwert, dass es nicht möglich ist eine Berechnung mit einer im Voraus festgelegten Maßnahmenkombination durchzuführen. Insgesamt ist daher festzuhalten, dass AKUT eher für erste Voreinschätzungen und für die Ideen- findung geeignet ist als zur detaillierten Maßnahmenplanung.  Jakob Ritthammer Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ritthammer@gfm.com Betreuer der Bachelorarbeit Prof. Dr.-Ing. Oliver Christ (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf) Dr.-Ing. Steffen Rommel (GFM Bau- und Umweltingenieure GmbH) Ermittelte Ergebnisse Der Vergleich des erarbeiteten Sturzflutvorsorgekonzepts mit einer bestehenden Studie zur Überflutungsvorsorge bestätigte die Außengebietszuflüsse als Hauptursache der Überflutungen. Auch die jeweiligen Maßnahmenkonzepte stimmen im Wesentlichen überein und sind somit als plausibel zu bewerten. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass das erarbeitete Sturzflutvorsorgekonzept keinen vollständigen Schutz vor Überflutungen bieten kann. Folglich wäre eine Kombination mit Maßnahmen des privaten Objektschutzes und der Verhaltensvorsorge für ein ganzheit- liches und wirtschaftliches Vorsorgekonzept anzustreben. Um festzustellen, inwieweit sich das erarbeitete Sturzflutvorsorgekonzept auf die Niederschlagseinleitungen in den Mischwasserkanal auswirkt, wurden das Tuchinger Kanalnetz sowie die entsprechenden Maßnahmen in SWMM übertragen und mit den Einzugsbereichen verknüpft, die anhand des digitalen Gelännation resultierende Überflutungssituation ermittelt. Hierbei besteht keine Möglichkeit eine gezielte Berechnung mit einer festgelegten Maßnahmenkombination durchzuführen, wodurch die Maßnahmenplanung erschwert wird. Um dennoch eine Planung anhand von AKUT durchführen zu können, wurde ein mehrstufiges Verfahren für diese Arbeit entwickelt. Hierbei wurde zunächst eine Vielzahl an Kombinationen mit einheitlichen Maßnahmen berechnet, um mögliche sinnvolle Maßnahmenstandorte zu identifizieren (wiederholt positiv bewertete Standorte). Anschließend erfolgte eine Vordimensionierung, um die Bewertung durch AKUT bei plausiblen Maßnahmendimensionen zu verifizieren. Abschließend erfolgten die Dimensionierung der so ermittelten Maßnahmen anhand des vereinfachten Bemessungsverfahrens nach DWA-A 117 und eine grobe Abschätzung der Kosten für die bauliche Umsetzung. Zudem wurde das erarbeitete Sturzflutvorsorgekonzept mit den geltenden Flächennutzungs- und Bebauungsplänen abgestimmt. Premiumpartner: Veranstalter: Bild 2 Beispielhafte Darstellung einer Starkregengefahrenkarte Quelle: Hochschule RheinMain Landesverband Nord-Ost unterstützt von:

12 www.umweltwirtschaft.com NACHWUCHSPREIS Deutsche Wasserwirtschaft VERLIEHEN VOM FACHMAGAZIN Leonard Wegmann Bewertung eines modularen Filtersystems für Straßenablaufwasser Die Ergebnisse der nachfolgenden Arbeit wurden im Rahmen des Forschungsprojekts „Urbanfilter“ an der TU Berlin verfasst. Das Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung dezentraler Filter zum Rückhalt von Schadstoffen aus Straßenablaufwasser. Zu den Hauptaufgaben der Siedlungswasser- wirtschaft zählen die Siedlungsentwässerung und der Schutz der Wasserressourcen. Um Siedlungsgebiete auch bei Starkregen- ereignissen sicher und ohne Notüberläufe der Mischkanalisation zu entwässern, erfolgt die Siedlungsentwässerung heute meist über eine Trennkanalisation. Hierbei wird das Niederschlagswasser, das von versiegelten Flächen abfließt, häufig unbehandelt in die aquatische Umwelt entlassen. Diese Art der Einleitung wurde lange Zeit für Gewässer als unbedenklich betrachtet. In den letzten Jahren hat sich diese Annahme jedoch als falsch erwiesen, da vor allem das abfließende Wasser von Verkehrsflächen mit (Mikro)Schadstoffen belastet ist. Mikroschadstoffe auf Verkehrsflächen Quellen für Schadstoffe auf Verkehrsflächen sind beispielsweise Reifen- und Bremsabrieb. So verliert ein durchschnittlicher Reifen nach Aussage des ADAC /1/ bei einer Nutzungsphase von 15.000 gefahrenen Kilometern ca. 1,8 kg an Gewicht. Dieser Reifenabrieb kann dann bei entsprechenden Regenereignissen vom Niederschlagswasser erfasst werden und in die Umwelt gelangen. So ist Reifenabrieb in Deutschland zur größten Quelle von Mikroplastik in der aquatischen Umwelt geworden. Untersuchungen zur dezentralen Reinigung von Straßenablaufwasser In urbanen Räumen erfolgt die Straßenentwässerung meist über einen Straßenablauf. Dieser in Straßen verbaute Schacht nimmt das Niederschlagwasser samt seiner mobilisierten Partikel auf und leitet sie über den Regenwasserkanal, häufig unbehandelt, direkt in Oberflächengewässer ein oder auf Versickerungsflächen ab. Da eine zentrale Aufbereitung dieses Straßenablaufwassers einen großen energetischen und infrastrukturellen Aufwand bedeuten würde, rücken Maßnahmen zur dezentralen Behandlung direkt im Straßenablauf in den Fokus. Die in Teststandversuchen geprüften Filter wurden für Schächte mit integrierten Nassschlammfang konstruiert. Es existieren bereits verschiedene dezen- trale Straßenablauffiltersysteme, allerdings finden diese keinen flächendeckenden Einsatz. Gründe hierfür sind vor allem der erhöhte Wartungsaufwand und die Kosten, die damit verbunden wären. Projekt „Urbanfilter“ – praktische Umsetzung von Konzepten und Unter- suchungen Im Rahmen dieser Arbeit wurden neue Konzepte für dezentrale Straßenablauffilter aus dem Forschungsprojekt „Urbanfilter“ praktisch umgesetzt und auf deren hydraulische Belastbarkeit sowie ihren Rückhalt unter definierten Bedingungen an einem Teststand geprüft. Die entwickelten Filter folgen einem modularen Ansatz bei dem für den Straßenablauf die drei Systembereiche Straße, Gully und Abfluss definiert wurden. Verunreinigungen sollen durch entsprechende Module in allen Bild 1 Kleiner Teststand für Untersuchungen zum Rückhalt von Mikroplastik aus Straßenablaufwasser Quelle: Wegmann/TU Berlin

13 3/2023 Kategorie: BACHELOR zienz im AFSges-Rückhalt von 96,5 % und im Rückhalt der AFSfein-Fraktion von 66 % erreicht. Der Ein- und Ausbau ist aufgrund des geringen Eigengewichts und des einfachen Einhängens ohne weitere Hilfsmittel oder Werkzeuge möglich. Es ist damit kein großer zeitlicher Aufwand verbunden (< 5 min). Möglich wäre es, das Modul – nachdem der Schacht ausgesaugt wurde – herauszuziehen und mit einem Hochdruckreiniger zu säubern. Gleichfalls wäre es möglich, lediglich den Schacht durch das Saugrohr, das einen geringeren Durchmesser als der Trichter besitzt, auszusaugen. Somit würde der Einsatz des Moduls keinen zusätzlichen Wartungsaufwand erfordern. Bei allen geprüften Filtermodulen wurden Optimierungspotenziale bezüglich ihrer hydraulischen Belastbarkeit oder ihres Rückhaltes ausgemacht. Zwei der sechs entwickelten Filtermodule werden seit September 2022 in einer Teststrecke in Berlin-Zehlendorf in situ beprobt.  Leonard Wegmann TU Berlin, Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft wegmannleonard@gmail.com Betreuer der Bachelorarbeit Prof. Dr.-Ing. Matthias Barjenbruch (TU Berlin, FG Siedlungswasserwirtschaft) Prof. Dr.-Ing. Sven-Uwe Geißen (TU Berlin, FG Umweltverfahrenstechnik) Daniel Venghaus (TU Berlin, FG Siedlungswasserwirtschaft) Die Filtermodule, die bei den Vorversuchen im kleinen Schacht vielversprechende Ergebnisse erzielt hatten, wurden daraufhin als größere Prototypen gebaut und im Normschacht des Teststandes der TU Berlin in der Peter-Behrens-Halle weiter geprüft. Dieser Teststand, betrieben vom Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft, entspricht den Anforderungen des DIBt und ist für eine Anschlussfläche von 250 m2 bis zu 1.000 m2 konzipiert. Außerdem wurde der Straßenablaufschacht in Anlehnung an das Regelblatt 400 der Berliner Wasserbetriebe modelliert. Am großen Teststand wurden sechs verschiedene Filterkonzepte beprobt, von denen fünf eine Effizienz im Gesamt- rückhalt (AFS) von über 91,2 % erreicht haben. Betrachtet man die getesteten Module auf Basis ihrer erzielten Ergebnisse in den Teststandversuchen hinsichtlich der Gefahr einer möglichen Havarie sowie eines zu erwartenden Wartungsaufwandes, so schneidet der Trichter in Kombination mit dem Filterrock (Bild 2) am besten ab. Dieses Modul zielt darauf ab, die Turbulenz im Nassschlammfang minimal zu halten und die Fließstrecke der Feststoffpartikel maximal zu gestalten. Insgesamt wurde mit diesem Modul eine Effi- Systembereichen zurückgehalten werden. Das für die Filter vorrangig formulierte Ziel betraf den Rückhalt des Gesamtsystems aus Schacht und Filtermodul maximal zu gestalten. Der Wartungsaufwand sollte so gering wie möglich gehalten werden, sodass die Filter im gleichen Rhythmus wie die Reinigung der Schächte gewartet werden können. Außerdem sollte eine Nachrüstung ohne bauliche Veränderung von bestehenden Straßenablaufschächten möglich sein. Zu Beginn der Arbeit galt es ein Konzept zu entwickeln, um durch Vorversuche die verschiedenen theoretisch ausgearbeiteten Filterkonzepte auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen. Hierfür wurde ein Miniaturschacht (Verhältnis ca. 6:1) mit den gleichen Proportionen verwendet, wie beim großen Teststand (Bild 1). In dieser Miniaturversion eines Straßenablaufes mit Nassschlammfang wurden vier verschiedene Prototypen geprüft um eine erste Aussage über deren mögliche Effizienz im Rückhalt, sowie ihrer Funktionsfähigkeit zu erhalten. Hierbei wurde sich wie auch am großen Teststand am DIBt-Prüfverfahren für dezentrale Behandlungsanlagen orientiert. In einigen Punkten wurde es jedoch in seiner Methodik modifiziert. So wurde beispielsweise als Prüfstoff hauptsächlich realer Straßenkehricht verwendet, und der Abfluss nicht über Schöpfproben, sondern kontinuierlich über ein Sieb mit 20 μm Maschenweite oder eine Siebkaskade beprobt. Als Kernparameter wurde für diese Arbeit die AFSfein-Fraktion mit einer Korngröße von < 63 μm definiert. Bei dieser Korngröße befindet sich der Grenzbereich zwischen den feinen und dadurch nicht oder nur schlecht sedimentierbaren (< 63 μm) und den gröberen und dadurch leichter absetzbaren Partikeln (> 63 μm, AFS) /2/. Literatur: /1/ ADAC e. V. (2021). Tyre wear particles in the environment. Online unter https://assets.adac. de/image/upload/v1639663105/ADAC-eV/KOR/ Text/PDF/Tyre_wear_particles_in_the_environ ment_zkmd3a.pdf, zuletzt abgerufen am 5. März 2023 /2/ Schmitt et al. (2010): Entwicklung von Prüfver- fahren für Anlagen zur dezentralen Nieder- schlagswasserbehandlung im Trennverfahren. Abschlussbericht über ein Entwicklungsprojekt, gefördert unter dem Az: 26840-23 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Hrsg. DWA, Hennef, Juli 2010 Bild 2 Das Modul Trichter mit Filterrock hat in den praktischen Versuchen am besten abgeschnitten. Quelle: Wegmann/TU Berlin Premiumpartner: Veranstalter: Landesverband Nord-Ost unterstützt von: Warumhabe ichmich umden Nachwuchspreis beworben? „Ich habe mich um den Nachwuchs- preis Deutsche Wasserwirtschaft beworben, da ich denke, dass das Thema der dezentralen Reinigung von Straßenablaufwasser mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte. Mit meinen Untersuchungen möchte ich einen Teil dazu beizutragen.“ Vom 9.–18. Mai online abstimmen!

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