Carbonfasern
Recycling dank Nassvlies

22.04.2022 Mit einer Nassvliesanlage forscht das Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV in Augsburg nun an der Rückführung rezyklierter Carbonfasern.

Faseraufbereitung von Carbon im Nassvliesverfahren.
© Foto: Fraunhofer IGCV
Faseraufbereitung von Carbon im Nassvliesverfahren.

Carbonfaserverbundwerkstoffe sind u. a. aufgrund ihres Leichtbaupotenzials überall im Einsatz, z. B. in der Luftfahrtindustrie, in Windkraftenergieanlagen, im Automotive-Bereich und bei der Herstellung von Sportgeräten. Entlang der Prozesskette und am Ende der Nutzungsphase entstehen verschiedene Arten von Abfällen, die man eigentlich wiederverwenden kann. Die Anlagenprozesse ähneln der einer Papierherstellungsanlage. Der entscheidende Unterschied: nicht Papierfasern werden zu Papier, sondern recycelte Carbonfasern werden zu Vliesstoff-Rollwaren verarbeitet. Die Carbonfaser bekommt somit ein zweites Leben und findet sich umweltfreundlich in Form von Vliesstoffen z. B. in Türverkleidungen, Motorhauben, Dachstrukturen, als Unterbodenschutz (Automobil), Hitzeschilder (Helikopter-Heckausleger) sowie im Flugzeug-Interieur wieder. 

Die angewendete Technologie, die Nassvliestechnologie, ist eines der ältesten Vliesbildungsverfahren (um 140 v. Chr. bis 100 n. Chr.). Als Industriezweig mit vielseitigen Anwendungsfeldern finden sich Nassvliesstoffe längst nicht mehr nur in klassischem Papier. Vielmehr erstrecken sich die Anwendungsfelder beispielsweise von Klebstoff-Trägerfilmen über Verpackungsmaterial bis hin zu Banknoten sowie deren prozessintegrierten Wasserzeichen und Sicherheitsmerkmalen. Zukünftig kommen besonders nachhaltige Technologiefelder rund um Batteriekomponenten, Brennstoffzellenelemente, Filtrations-Schichten, bis hin zu funktionsintegrierten Werkstofflösungen z. B. mit EMI-Abschirmfunktion hinzu.

Die Nassvliesanlage am Augsburger Standort kann jegliche Fasermaterialien wie Natur-, Regenerat- und Synthetikfasern – vor allem recycelte Carbonfasern – zu innovativen und neuartigen Vliesstoffen verarbeiten. Dabei ist die Anlage gezielt als Pilot-Linie im Technikums-Maßstab ausgelegt und bietet größtmögliche Flexibilität hinsichtlich Materialvarianten und Prozessparametern. Zudem wird eine ausreichend hohe Produktivität gewährleistet, um nachfolgend skalierte Verarbeitungsversuche (z. B. Demonstrator-Fertigung) zu ermöglichen.

Im Bereich technischer Stapelfasern forscht das Institut an der Verarbeitung recycelter Carbonfasern. Weitere aktuelle Forschungsinhalte umfassen in diesem Zusammenhang die Erforschung, Optimierung und Weiterentwicklung von Bindermittelsystemen, Faserlängen bzw. Faserlängenverteilungen, Faserorientierung sowie Vliesstoffhomogenität. Zudem steht die Integration von digitalen sowie KI-gestützten Methoden im Rahmen eines Online-Prozess-Monitorings im Fokus.

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