Drei Fragen an Remondis-Chef Herwart Wilms
„Wenn sich Hersteller und Recycler an einen Tisch setzen, entsteht eine wirkliche Kreislaufwirtschaft“

30.01.2023 Remondis-Chef Herwart Wilms ist seit kurzem Vizepräsident des europäischen Recyclerverbandes FEAD. Im Kurzinterview sprach Wilms über die wichtigsten Punkte, um in der EU eine wirkliche Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

Wenn Hersteller und Recycler sich zusammensetzen, kann eine wirkliche Kreislaufwirtschaft entstehen - mit neuen Geschäftsmöglichkeiten für beide Seiten, sagt Herwart Wilms.
© Foto: Remondis
Wenn Hersteller und Recycler sich zusammensetzen, kann eine wirkliche Kreislaufwirtschaft entstehen - mit neuen Geschäftsmöglichkeiten für beide Seiten, sagt Herwart Wilms.

Als frisch gebackener FEAD-Vizepräsident: Welche politischen Vorhaben auf europäischer Ebene sind für Sie in den kommenden Monaten die wichtigsten?

Wir müssen so schnell wie möglich den Mindesteinsatz von Recyclingrohstoffen in allen Produkten steigern, weil das dem Klimaschutz und der Ressourcenunabhängigkeit der EU hilft. Dabei können wir, wie vorgesehen, gerne mit den Verpackungen beginnen, dürfen dabei aber nicht Schluss machen. Nur so werden wir in Deutschland und Europa weltmarktführende Produkte, good goods, herstellen, die „designed for Recycling“ und mit hohen Anteilen an Recyclingrohstoffen ausgestattet sind.

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Start des „Green Deal Industrial Plan“ angekündigt. Was versprechen Sie sich davon für die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft?

Die Kreislaufwirtschaft beginnt nicht im Abfall, sondern in guten Produkten: Designed for Recycling und, wie erwähnt, mit hohen Anteilen an klimafreundlichen Recyclingrohstoffen hergestellt. Wenn sich Produzenten/Hersteller und Recycler an einen Tisch setzen, entsteht eine wirkliche Kreislaufwirtschaft, die abrückt von einer rein linearen Perspektive wie bisher. Das beginnt nun mit unseren Kunden, den Produzenten, in allen unseren Betrieben und ermöglicht für beide Seiten neue Geschäftsfelder. Und das ist gut so.

Was muss die EU aus Ihrer Sicht noch tun, damit die Kreislaufwirtschaft einen noch größeren Beitrag zu mehr Ressourcenunabhängigkeit und Klimaschutz leisten kann?

Gute Produkte brauchen eine starke Nachfrage, damit sie in hohen Stückzahlen produziert werden und ihre Stückkosten gesenkt werden können. Dafür brauchen wir ein gutes, europäisches Label, m. E. eine Ampel, die dem privaten, industriellen und vor allem dem öffentlichen Einkäufer die rechtliche Sicherheit gibt, dass er „grüne“ Produkte einkaufen darf. Auch wenn diese Produkte anfangs ein bisschen teurer sind. Ein Ampel-Label in Verbindung mit „Green Public Procurement“ gibt den guten Produkten den richtigen Schub. Das muss jetzt kommen.

Herr Wilms, vielen Dank für das Gespräch.

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