Europäische Verpackungsverordnung
Das sind die Vorschläge der Kommission

06.12.2022 Die Europäische Kommission hat in der vergangenen Woche ihren Entwurf für eine neue europäische Verpackungsverordnung veröffentlicht. Hier sind die Vorschläge im Detail.

Die EU Kommission hat nach den ersten Reaktionen aus der Branche mit der Verpackungsverordnung einen großen Wurf präsentiert.
© Foto: IMAGO/Le Pictorium
Die EU Kommission hat nach den ersten Reaktionen aus der Branche mit der Verpackungsverordnung einen großen Wurf präsentiert.

Im Durchschnitt erzeugt jeder Europäer fast 180 kg Verpackungsabfälle pro Jahr. Verpackungen sind einer der Hauptverbraucher neuer Materialien, denn 40 Prozent der Kunststoffe und 50 Prozent des Papiers, die in der EU verwendet werden, sind für Verpackungen bestimmt. Ohne Maßnahmen würde die EU bis 2030 einen weiteren Anstieg der Verpackungsabfälle um 19 Prozent verzeichnen, bei Kunststoffverpackungen sogar um 46 Prozent.

Mit den neuen Vorschriften soll dieser Trend gestoppt werden, indem unnötige Verpackungen beseitigt und mehr wiederverwendbare Verpackungen eingesetzt werden. Eine klare Kennzeichnung soll das korrekte Recycling unterstützen. Die neuen Regeln sollen den Verpackungssektor nach Aussage der Kommission auf den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 bringen.

Vermeidung, Wiederverwendung und Verwertung

Mit der vorgeschlagenen Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften über Verpackungen und Verpackungsabfälle verfolgt die Kommission drei Hauptziele. Erstens soll die Entstehung von Verpackungsabfällen vermieden werden, indem die Verwendung unnötiger Verpackungen eingeschränkt und wiederverwendbare oder wiederbefüllbare Verpackungslösungen gefördert werden sollen.

Zweitens soll das hochwertige Recycling gefördert werden: Bis 2030 sollen alle Verpackungen auf dem EU-Markt auf wirtschaftlich vertretbare Weise recycelt werden können. Drittens will die Kommission der Bedarf an natürlichen Primärressourcen verringern und einen gut funktionierenden Markt für Sekundärrohstoffe schaffen, indem die Verwendung von recycelten Kunststoffen in Verpackungen durch verbindliche Ziele erhöht wird.

Das Hauptziel besteht darin, die Verpackungsabfälle bis 2040 pro Mitgliedstaat und pro Kopf um 15 Prozent im Vergleich zu 2018 zu reduzieren. Dies würde nach Angaben der Kommission zu einer Gesamtabfallreduzierung in der EU von etwa 37 Prozent im Vergleich zu einem Szenario ohne Änderung der Rechtsvorschriften führen. Instrumente dafür sind unter sowohl die Wiederverwendung als auch das Recycling.

Um die Wiederverwendung oder Wiederbefüllung von Verpackungen zu fördern – die nach Kommissionsangaben in den letzten 20 Jahren stark zurückgegangen ist – sollen Unternehmen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Produkte in wiederverwendbaren oder wiederbefüllbaren Verpackungen anbieten müssen, beispielsweise Getränke und To-Go-Mahlzeiten oder Lieferungen im elektronischen Handel. Es soll auch eine gewisse Standardisierung der Verpackungsformate und eine klare Kennzeichnung von Mehrwegverpackungen geben, so die Kommission.

Verbot bestimmter Verpackungen

Um eindeutig unnötige Verpackungen zu vermeiden, will die Kommission bestimmte Verpackungsformen verbieten. Dazu sollen beispielsweise Einwegverpackungen für Lebensmittel und Getränke beim Verzehr in Restaurants und Cafés gehören sowie Einwegverpackungen für Obst und Gemüse. Auch bestimmte Miniaturverpackungen beispielsweise für Shampoo, wie sie derzeit noch in Hotels Gang und Gäbe sind, sollen der Vergangenheit angehören.

Viele Maßnahmen zielen darauf ab, Verpackungen bis 2030 vollständig wiederverwertbar zu machen. Dazu gehören die Festlegung von Designkriterien für Verpackungen, die Einführung obligatorischer Pfandsysteme für Kunststoffflaschen und Aluminiumdosen und die Festlegung, welche Verpackungen kompostierbar sein müssen, damit die Verbraucher diese dem Bioabfall zuführen können.

Rezyklateinsatzquoten und Minderungsziele

Die Kommission will darüber hinaus verbindliche Quoten für den Anteil an recyceltem Material vorgeben, den die Hersteller in neue Kunststoffverpackungen verwenden müssen. Die Quoten beziehen sich ausschließlich Post-Consumer-Rezyklate.

Bis 2030:

  • PET (Verpackungen und Flaschen, „contact sensitive“): 30 Prozent
  • Andere Kunststoffe („contact sensitive“): 10 Prozent
  • Andere Verpackungsmaterialien:35 Prozent

Bis 2040:

  • Einwegkunststoffverpackungen („contact sensitive“): 50 Prozent
  • Einweggetränkeflaschen: 65 Prozent
  • Andere Verpackungsmaterialien: 35 Prozent

Außerdem sollen die Mitgliedstaaten ihr Verpackungsabfallaufkommen reduzieren. Die Kommission schlägt bestimmte Minderungsziele vor:

  • 5 Prozent bis 2030
  • 10 Prozent bis 2035
  • 15 Prozent bis 2040

Klare Kennzeichnung von Verpackungen

Die Kommission will darüber hinaus für eine klare Kennzeichnung sorgen, welche Verpackung in welche Recyclingtonne gehört. Jede Verpackung soll demnach mit einem Etikett versehen werden, auf dem angegeben ist, woraus die Verpackung besteht und in welchen Abfallstrom sie gehört. Abfallsammelbehälter werden mit denselben Etiketten versehen. Überall in der EU sollen die gleichen Symbole verwendet werden.

Brüssel verspricht sich von den Maßnahmen viele Innovationen bei Verpackungslösungen, die das Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln erleichtern. Darüber hinaus könnten die Bürger Geld sparen: Jeder Europäer könnte fast 100 Euro pro Jahr sparen, wenn die Unternehmen die Einsparungen an die Verbraucher weitergeben.

Klimaschutz und neue Jobs

Die Kommission geht davon aus, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen die durch Verpackungen verursachten Treibhausgasemissionen auf 43 Millionen Tonnen senken werden – verglichen mit 66 Millionen Tonnen, wenn die Rechtsvorschriften nicht geändert werden. Die Reduzierung entspreche in etwa den jährlichen Emissionen Kroatiens, so die Brüsseler Behörde. Der Wasserverbrauch würde sich um 1,1 Millionen Kubikmeter verringern. Die Kosten der Umweltschäden für Wirtschaft und Gesellschaft würden im Vergleich zum Basisjahr 2030 um 6,4 Milliarden Euro gesenkt.

Für die Einwegverpackungsindustrie werden die neuen Vorgaben – so sie denn im Trilog-Verfahren nicht noch einmal deutlich verändert werden – zunächst einmal deutliche Investitionen bedeuten. „Aber die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU sind insgesamt positiv“, so die Kommission. Allein durch die Förderung der Wiederverwendung dürften bis 2030 mehr als 600 000 Arbeitsplätze im Wiederverwendungssektor entstehen, viele davon in lokalen kleinen und mittleren Unternehmen.

Biobasierte, biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststoffe

Die Verwendung und Herstellung biobasierter, biologisch abbaubarer und kompostierbarer Kunststoffe nimmt stetig zu. Damit diese Kunststoffe positive Auswirkungen auf die Umwelt haben und nicht die Verschmutzung durch Kunststoffe, den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt verstärken, müssen aus Sicht der Kommission eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein.

So müsse die Biomasse, die zur Herstellung von biobasierten Kunststoffen verwendet wird, aus einer nachhaltigen Quelle stammen, ohne die Umwelt zu schädigen und unter Beachtung des Prinzips der kaskadischen Nutzung von Biomasse. Die Hersteller sollten demnach vorrangig organische Abfälle und Nebenprodukte als Ausgangsmaterial verwenden.

Um Greenwashing zu bekämpfen und die Verbraucher nicht in die Irre zu führen, sollen die Hersteller außerdem allgemeine Angaben auf Kunststoffprodukten wie „Biokunststoff“ und „biobasiert“ vermeiden. Bei der Kommunikation über den biobasierten Anteil sollten die Hersteller den genauen und messbaren Anteil des biobasierten Kunststoffs im Produkt angeben.

Biologisch abbaubare Kunststoffe will die Kommission auf spezifische Anwendungen ausrichten, bei denen ihre Umweltvorteile und ihr Wert für die Kreislaufwirtschaft nachgewiesen sind. Biologisch abbaubare Kunststoffe sollten auf keinen Fall ein Freibrief für die Vermüllung sein, so die Brüsseler Behörde. Außerdem sollen biologisch abbaubare Kunststoffe mit Angaben über Dauer und Umständen des biologischen Abbaus gekennzeichnet werden. Produkte, bei denen die Gefahr besteht, dass sie in den Abfall gelangen, einschließlich derjenigen, die unter die Richtlinie über Einwegkunststoffe fallen, sollen nicht als biologisch abbaubar bezeichnet oder gekennzeichnet werden dürfen.

Industriell kompostierbare Kunststoffe sollen aus Sicht der Kommission nur dann verwendet werden, wenn sie Vorteile für die Umwelt haben, die Qualität des Komposts nicht beeinträchtigen und wenn ein angemessenes System zur Sammlung und Behandlung von Bioabfällen vorhanden ist. Industriell kompostierbare Verpackungen sollen nur für Teebeutel, Filterkaffeekapseln und -pads, Obst- und Gemüseaufkleber und sehr leichte Plastiktüten zugelassen werden. Auf den Produkten soll angegeben werden, dass sie gemäß den EU-Normen für die industrielle Kompostierung zertifiziert sind.

Der Vorschlag der Kommission für eine europäische Verpackungsverordnung sowie die dazugehörigen Anhänge können hier heruntergeladen werden.

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