Milieu-Studie zur Mülltrennung
Elf Prozent der Österreicher können noch für die Abfalltrennung gewonnen werden

08.02.2023 Die Altstoff Recycling Austria (ARA) und die Integral Marktforschung haben das Verhalten der österreichischen Bevölkerung im Bereich Abfalltrennung untersucht. Demnach könnten elf Prozent der Österreicher zusätzlich für Abfalltrennung gewonnen werden. Das ist eines der Ergebnisse einer vom Systembetreiber ARA und dem Marktforschungsunternehmen Integral durchgeführten Studie. Fokus dabei: Das Trennverhalten mittels Gruppierungen von Menschen mit ähnlichen Werten und vergleichbarer sozialen Lage besser zu verstehen.

Unterschiedliche soziale Milieus brauchen unterschiedliche Ansätze, um für die Abfalltrennung motiviert zu werden.
© Foto: IMAGO/blickwinkel
Unterschiedliche soziale Milieus brauchen unterschiedliche Ansätze, um für die Abfalltrennung motiviert zu werden.

Insbesondere die Einstellung zum Klimaschutz hat sich in den letzten Jahren positiv verändert und ist der wesentliche Treiber für die Abfalltrennung. „Wir sehen, dass sich das Bewusstsein für Abfall als Wertstoff verändert hat. Diese neue Einstellung zum Klimaschutz müssen wir nutzen, um noch mehr Menschen zu motivieren, durch ihren Beitrag zu Abfalltrennung und Recycling Österreich und unsere Wirtschaft zukunfts- und klimafit zu machen“, sagte ARA-Vorstand Harald Hauke.

Trennverhalten nach Sinus-Milieus untersucht

Mittels so genannter Sinus-Milieus konnte die ARA herausfinden, wo die Potenziale bei Recyclingquoten verortet sind und wie man die Menschen zu einer noch höheren Trenndisziplin motiviert. „Das Gesellschaftsmodell der Sinus-Milieus fasst Menschen mit ähnlichen Werten und einer vergleichbaren sozialen Lage zusammen. Diese Werte haben Einfluss auf Lebensstile und Verhaltensweisen. Das Modell bringt Einstellungen auf den Punkt, zeigt historische Entwicklungen und zukünftige Trends auf“, so Bertram Barth, Geschäftsführender Gesellschafter der Integral Marktforschung.

Den Untersuchungsergebnissen zufolge trennen neun von zehn Menschen ihren Abfall. 30 Prozent trennen sogar mehr Abfall im Haushalt als noch vor vier Jahren. Gründe dafür sind die veränderte Einstellung zum Klimaschutz (52 Prozent), die Vereinfachung der Systeme (41 Prozent), bessere Informationen (39 Prozent) sowie mehr Platz im Haushalt für Abfalltrennung (34 Prozent). So werden laut eigenen Angaben der befragten Personen am häufigsten Altpapier (89 Prozent), Glasflaschen (85 Prozent), alte Batterien (80 Prozent), defekte Elektronikgeräte (80 Prozent) und Kunststoffgetränkeflaschen (79 Prozent) getrennt gesammelt.

75 Prozent stört Abfall in der Öffentlichkeit

Drei Viertel der Österreicher empfinden Abfall in der Öffentlichkeit als störend und geben daher an, diesen an öffentlichen Plätzen korrekt zu trennen und zu entsorgen. Dies trifft im Altersvergleich vor allem auf ältere Menschen zu (50-65-Jahre: 86 Prozent vs. 18-34 Jahre: 66 Prozent).

Den Älteren ist Mülltrennung als Beitrag zum Klimaschutz wichtiger als Jüngeren, ebenso gibt es viele Menschen – entsprechend der sozialen Norm – ein gutes Gefühl, ihre Verpackungen zu trennen.

Konservative Elite trennt am besten

So sind es auch die konservative Elite sowie die beiden nachhaltigkeitsaffinen Milieus der Postmateriellen und Progressiven Realisten, die laut ARA am ehesten gegenüber der Idee der Abfalltrennung sensibilisiert sind. Milieus mit ausgeprägtem Trennverhalten sind demnach die besonders regelkonformen Konservativ-Etablierten und Traditionellen sowie das etablierte Nachhaltigkeitsmilieu der Postmateriellen. Die konservative Elite sei es auch, die sich am besten über Mülltrennung informiert fühle.

Adaptiv-pragmatische Mitte: Mülltrennung als Selbstverständlichkeit darstellen

Die größten Mengen nicht getrennt gesammelten Abfalls fallen auf die Hedonisten und die Adaptiv-Pragmatische Mitte, also den neuen Mainstream. Der neue Mainstream könne am ehesten dazu motiviert werden, noch mehr Abfall zu trennen und dadurch weitere angrenzende Milieus in ihrem Verhalten zu beeinflussen. Dafür müsse der Adaptiv-Pragmatischen Mitte die Idee von Mülltrennung und Klimaschutz als Selbstverständlichkeit präsentiert werden.

Um das Potenzial in diesem Milieu auszuschöpfen, müsse Recycling als niederschwelliger Beitrag zum Klimaschutz dargestellt werden, von dem alle etwas haben und der zeitgemäß sei, so ARA. Herausforderungen stellten in diesem Zusammenhang das ausgeprägte Nutzendenken und die Bequemlichkeit dar: Menschen aus dem Milieu der Adaptiv-Pragmatischen Mitte streben nach Sicherheit, Harmonie und haben ein starkes Bedürfnis nach sozialer Verankerung sowie Zugehörigkeit. Klimaschutz im Allgemeinen und die getrennte Sammlung im Besonderen müssen ihnen daher emotional sowie mental nähergebracht werden, damit sie entsprechende Routinen entwickeln und vertiefen können.

Hedonisten primär spaßorientiert: Digitalisierung und Incentivierung wichtiger Hebel

Im Gegensatz zur Mitte ist das Hedonistische Milieu laut ARA primär spaßorientiert und momentbezogen. Für diese Menschen sei es wichtig, Abfalltrennung als etwas Lustvolles zu inszenieren. Einige der Hedonisten akzeptierten die Idee der Mülltrennung, jedoch seien diese das am wenigsten motivierte Milieu und grenzen sich gegen den Mainstream ab.

Hedonisten könnten spielerisch von der Idee der Abfallsammlung überzeugt werden. Digitalisierung und Incentivierung könnten ein wichtiger Hebel sein. Die ARA setzt dieses Know-how gezielt ein und hat gemeinsam mit dem Entsorger Saubermacher das Joint Venture Digi-Cycle gegründet.

stats