Neuer Bericht des Nova-Instituts
CO2 als erneuerbarer Kohlenstoff-Rohstoff
Der Weltklimarat (IPCC) hat die Kohlenstoffabscheidung und -verwertung (Carbon Capture and Utilisation – CCU) in seinem 2022 veröffentlichten sechsten Sachstandsbericht erstmals als eine der Lösungen zur Abschwächung des Klimawandels anerkannt. Mehrere Zukunftsszenarien für eine Netto-Null-Chemieindustrie im Jahr 2050 zeigen laut Nova Institut, dass zwischen zehn und 30 Prozent der Nachfrage nach eingebettetem Kohlenstoff aus der Nutzung von CO2 stammen wird.
Das Potenzial von CCU sei auch von mehreren globalen Marken erkannt worden, die bereits ihr Rohstoffportfolio erweitern hätten, schreibt das Institut. Die Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette sei der Schlüssel, um sicherzustellen, dass Kosten und Nutzen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
In Europa werden Investitionen durch mangelnde politische Unterstützung untergraben
In Europa werden die Investitionen und Aussichten für die CO2-Nutzung durch mangelnde politische Unterstützung weitgehend untergraben, so das Nova-Institut. Im Gegensatz dazu gebe es in China und in den USA mit dem Inflation Reduction Act eine unterstützende Politik. Die USA unterstützten die Nutzung von CO2 für Kraftstoffe und Chemikalien aus der Luftabscheidung und aus Punktquellen, einschließlich gewerblicher Anlagen. Solche Maßnahmen sind nach Darstellung des Nova-Instituts erforderlich, um die Lücke zwischen heute und 2050 zu schließen, damit die Unternehmen bei der nachhaltigen Transformation wettbewerbsfähig bleiben.
Mehrere erfolgreich eingeführte Technologien werden inzwischen kommerziell genutzt, und viele weitere befinden sich nach Institutsangaben im Labor- und Pilotstadium. Derzeit werden CO2 und andere C1-reiche Gase wie Kohlenmonoxid (CO) aus fossilen und biogenen Punktquellen abgeschieden, aber auch Projekte zur direkten Abscheidung aus der Luft (Direct Air Capture, DAC) nehmen zu. Von dort aus kann CO2 über chemische, biotechnologische und elektrochemische Wege in Chemikalien, moderne Kraftstoffe, Polymere, Proteine oder Mineralien umgewandelt werden.
Die konventionelle chemische Umwandlung von CO2 wird bereits seit Jahrzehnten kommerziell genutzt, um Chemikalien wie Salicylsäure, Harnstoff, Ethylen und Propylencarbonat herzustellen. CO2 kann auch direkt in Anwendungen wie der verbesserten Ölgewinnung, Feuerlöschern oder als Wachstumsbeschleuniger in Gewächshäusern eingesetzt werden.
Neue chemische Verfahren konzentrieren sich auf die CO2-Umwandlung, wobei die Hydrierung von CO2 zu Methan oder Methanol derzeit am vielversprechendsten ist. Ersteres kann in das Erdgasnetz eingespeist werden und trägt zur Strategie der Verringerung der Abhängigkeit von Erdgaslieferanten bei, während letzteres einfach und hocheffizient als Kraftstoff für den Verkehrssektor oder als chemischer Baustein verwendet werden kann.
Großes Interesse an Fischer-Tropsch-Technologie
Großes Interesse besteht auch an der Fischer-Tropsch-Technologie zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen und Chemikalien. Dabei handelt es sich um eine seit Langem bekannte Technologie, die hauptsächlich zur Kohlevergasung und -verwertung eingesetzt wird. In Verbindung mit CO2-basiertem Synthesegas können damit nachhaltige CO2-basierte Kohlenwasserstoffe wie Kerosin, Diesel und Naphtha sowie Wachse hergestellt werden.
Starke Aktivitäten gibt es laut Nova-Institut bei CO2-basiertem Kerosin, dem wichtigsten nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF). Auch Polycarbonate, Polyurethane (PU) und Polyethylen (PE) auf CO2-Basis sind auf dem Markt erhältlich. Schließlich kann CO2 auch zu einem Karbonat für Baumaterialien mineralisiert werden: Diese auf dem Markt befindlichen Technologien nutzen den Karbonisierungsprozess, um Ersatzprodukte für die Zementindustrie herzustellen.
Die bekanntesten biotechnologischen Umwandlungswege auf CO2-Basis erzeugen Methan und Ethanol. Letzteres wird im kommerziellen Maßstab hergestellt und als Kraftstoff sowie in der chemischen (z. B. für Ethylenglykol) und der Polymerindustrie (Polyethylen) verwendet. Darüber hinaus können durch Gasfermentation biologisch abbaubare Polymere, so genannte Polyhydroxyalkanoate (PHA), hergestellt werden, die im Handel erhältlich sind, und es sind mehrere Pilotanlagen zur Herstellung von Chemikalien und Proteinen durch Gasfermentation in Betrieb.
Die am weitesten fortgeschrittenen elektrochemischen Verfahren ermöglichen die Umwandlung von CO2 in CO (oder Syngas), Methanol, Ameisensäure oder Ethylen. Zahlreiche Pilotanlagen sind in Betrieb, und die CO- (oder Synthesegas-) Produktion über diesen Weg wird laut Nova-Institut bald in einer kommerziellen Anlage in Kombination mit der Fischer-Tropsch-Technologie für die Produktion einer breiten Palette von Kohlenwasserstoffen eingesetzt werden.
Anstieg der Gesamtproduktionskapazität auf über 6 Millionen Tonnen bis 2030
Im vergangenen Jahr lag die Gesamtproduktionskapazität von neuartigen CO2-basierten Produkten bei etwa 1,3 Millionen Tonnen. Die Produktionskapazität im Jahr 2022 wird von der Herstellung von aromatischen Polycarbonaten auf CO2-Basis, Ethanol aus abgeschiedenem CO/CO2, aliphatischen Polycarbonaten und Methanol dominiert. Bis 2030 erwartet das Nova-Institut, dass die Kapazität für CO2-basierte Produkte 6 Millionen Jahrestonnen übersteigt. Eine hohe Wachstumsdynamik sei bei Methanolprojekten, Methananlagen, Ethanol und Kohlenwasserstoffen zu beobachten – letztere insbesondere für den Luftfahrtsektor.
Produkte auf CCU-Basis haben geringere Treibhausgasemissionen als vergleichbare Produkte auf fossiler Basis – wenn die gesamte zur Abscheidung und Umwandlung von CO2 verwendete Energie aus erneuerbaren Quellen und grünem Wasserstoff stammt. Bereits heute können viele Technologien im Vergleich zu fossilen Technologien eine hohe THG-Emissionsreduktion von bis zu 90 Prozent erreichen.
Der neue Bericht des nova-Instituts untersucht diese erneuerbare Kohlenstoffquelle im Detail: Welche Produkte können aus CO2 hergestellt werden und mit welchen Verfahren? Inwieweit sind die Technologien bereits entwickelt und in Pilot-, Demonstrations- und kommerziellen Anlagen umgesetzt? Welche Unternehmen arbeiten an Technologien zur Nutzung von CO2 als Rohstoff? Was sind die Trends bei der CO2-Nutzung in den kommenden Jahren? Dieser Bericht richtet sich an die Kraftstoff-, Chemie- und Werkstoffindustrie, an Marken, Technologiescouts, Investoren und politische Entscheidungsträger. Der Bericht bietet auf 240 Seiten Informationen zur CO2-Nutzung. Alle 116 genannten Unternehmen werden in ausführlichen Profilen beschrieben.