Verpackungsentsorgung
Die Zukunft des Systemgeschäfts
In naher Zukunft stehen diverse Änderungen im Verpackungsrecht an. So war vor einigen Wochen ein Entwurf für eine neue europäische Verpackungsverordnung geleakt worden. Sie soll die Verpackungsrichtlinie ersetzen und wird als Verordnung unmittelbar in den Mitgliedstaaten gelten – ohne den mitunter mühsamen Umweg einer nationalen Umsetzung.
Offiziell will die Kommission ihren Entwurf am 30. November veröffentlichen, doch schon vor diesem Datum hatte das geleakte Dokument für Aufsehen gesorgt. 60 Verbände der Verpackungswertschöpfungskette hatten in einem gemeinsamen Schreiben gegen das Vorhaben gewettert, das neben einer Pfandpflicht für Einwegkunststoffflaschen feste Rezyklateinsatzquoten ab 2030 beziehungsweise 2040 sowie Vorgaben für ein Design for Recycling vorsieht.
Keine Rückkehr zu alten Grabenkämpfen
Vor diesem Hintergrund diskutierten Vertreter von Politik und Wirtschaft – zugegen waren unter anderem die Bundestagsabgeordneten Michael Thews (SPD) und Jan-Niclas Gesenhues (Grüne), Christoph Epping von BMUV sowie Gunda Rachut von der Zentralen Stelle und Markus Müller-Drexel vom Systembetreiber Interseroh+ – im Haus der Kreislaufwirtschaft des BDE in Berlin darüber, wie sich denn das Systemgeschäft für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft weiterentwickeln sollte. Die bekannten Grabenkämpfe in diesem Sektor – privatwirtschaftlich vs. kommunal sowie Wettbewerb vs. Ein-System-Betrieb – spielten weniger eine Rolle als die Impulse aus Brüssel sowie die Frage, wie die institutionelle Ordnung in Deutschland weiterentwickelt werden kann, um Kreisläufe im Bereich der Verpackungen zu schließen.
Zwei Punkte kristallisierten sich dabei heraus, die im künftigen Diskurs möglicherweise eine Rolle spielen werden: Erstens eine schärfere Umsetzung des Paragrafen 21 des Verpackungsgesetzes und zweitens eine bessere Einbeziehung der Verbraucher.
Ökologische Gestaltung der Beteiligungsentgelte
In Paragraf 21 fordert der Gesetzgeber eigentlich eine „Ökologische Gestaltung der Beteiligungsentgelte“. Mit anderen Worten: Wer eine umweltverträgliche, recycelbare Verpackung in Verkehr bringt, soll weniger bezahlen als jemand, der sich nicht um die ökologischen Auswirkungen seines Handelns kümmert.
Bislang gestaltete sich die Umsetzung des Paragrafen 21 als schwierig. Der von Eva Maria Schulze beim parlamentarischen Abend hochgelobte Wettbewerb im Systemgeschäft steht dem in der Praxis mitunter im Weg. Doch mit den Mindeststandards der Zentralen Stelle für recyclingfähige Verpackungen gibt es eine Basis, den Willen des Gesetzgebers nach einer ökologischen Gestaltung der Lizenzentgelte umzusetzen, ohne auf einen Wettbewerb der Systeme verzichten zu müssen. Angedacht ist offenbar ein Fondsmodell, wobei bislang unklar ist, wer wieviel bezahlen muss, wer den Fonds verwaltet und wer das eingesammelte Geld am Ende bekommt.
Nahezu alle Diskutanten lobten bei der Festsetzung der Mindeststandards den „Expertenkreis 3“, in dem die gesamte Wertschöpfungskette vertreten ist und die die Mindeststandards erarbeitet und stets an den Stand der Technik anpasst. „Der Expertenkreis 3 ist ein Erfolgsmodell“, sagte ZVSE-Vorständin Gunda Rachut. Eine staatliche Steuerung in diesem Bereich lehnten die Diskussionsteilnehmer ab.
Anreize für eine bessere Mülltrennung in den Haushalten
Christoph Epping vom BMUV warf darüber hinaus in seinem Vortrag die Frage auf, wie die Mülltrennung an der Anfallstelle verbessert werden kann. Er höre immer viel über Künstliche Intelligenz bei der Sortierung. „Natürliche Intelligenz wäre mir lieber“, sagte Epping.
Mehr Anreize zu schaffen, den Abfall bereits in den Haushalten wirklich sauber zu trennen, könnte die Inputqualität erhöhen und in der Folge zu höherwertigeren Rezyklaten und damit zu mehr Rezyklateinsatz führen.
Auf die mitunter mangelhaften Sammelsysteme in Europa und die Knappheit an hochwertigen Rezyklaten hatten die 60 europäischen Verbände der Verpackungswertschöpfungskette in ihrer Stellungnahme hingewiesen. Doch auch in Deutschland mit seiner vergleichsweise ausdifferenzierten Sammelinfrastruktur erreicht oft eher mäßige Inputqualitäten. „Der Input wird immer schlechter“, sagte der Präsident des Verbands der bayerischen Entsorger (VBS), Stefan Böhme, in Berlin. Die Trennmoral nehme weiter ab und auch die Ausweitung des Pfandsystems auf weitere Einweggetränkeflaschen habe Auswirkungen auf die Inputqualität gehabt.