Batterierecycling
ZSW gewinnt kritische Metalle aus gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien zurück
Wie das ZSW mitteilte, basiert der Recyclingprozess auf vergleichsweise einfachen chemischen Prozessen. Die Aktivmaterialien am Plus- und Minuspol der Batterie werden dabei mechanisch getrennt, gereinigt und über eine Wärmebehandlung zu neuwertigen Pulvern aufbereitet.
Die mit dem neuen Verfahren reaktivierten Materialpulver erreichten 95 Prozent ihrer Ausgangskapazität. Dies gelte sowohl für die Metalloxide im Pluspol der Batterien als auch für den Grafit des Minuspols. Die Forscher haben aus dem so gewonnenen Recyclingmaterial bereits neue Batteriezellen hergestellt und elektrochemisch vermessen. Das Entwicklungsprojekt „Kathoden- und Anodenmaterialien aus recycelten Lithium-Ionen-Batterien (RecycleMat)“ läuft seit August 2020 und wird den Angaben zufolge vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium mit 870 000 Euro finanziert.
„Das neue Recyclingverfahren ermöglicht es, ausrangierte Batterieelektroden mit einer Kathodenstruktur aus den heute gängigen Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden und einer Anode aus Graphit zu reaktivieren und dann direkt in neuen Zellen einzusetzen“, sagte die wissenschaftliche Leiterin des Projekts, Marilena Mancini.
„Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren werden die Aktivmaterialien bei dem neuen Prozess als solche erhalten und nach Wiederherstellung der ursprünglichen Funktionalität direkt in neuen Batterien wiederverwendet. Dieser Ansatz vermeidet das heute übliche und energieintensive Auflösen und Wiedergewinnen der metallischen Komponenten beim gleichzeitigen Verlust des Grafits.“
Im Rahmen des Projekts hätten die Forscher insbesondere für das Recycling des Grafits aus dem Minuspol der Batterie neue Ansätze und Verfahren entwickeln müssen. Denn Grafit werde heute typischerweise nicht recycliert, sondern meistens verbrannt. Die Lösung des Problems war eine komplexe Temperaturbehandlung, die sowohl die Oberfläche der Partikel von Verunreinigungen befreit als auch die kristalline Materialstruktur wiederherstellt, so das ZSW. Das derart nachbehandelte Grafitpulver verfüge über 95 Prozent des spezifischen Energieinhalts des Ausgangsmaterials und könne direkt wieder in neuen Batterien verbaut werden.
Die Materialien mit dem höchsten Wertanteil in der Batterie sind die Kathodenmassen im Pluspol der Batterie. Sie enthalten unter anderem wertvolle Metalle wie Nickel, Mangan, Kobalt (NMC) sowie Lithium. Aktuelle Recyclingprozesse konzentrieren sich deshalb auf diese Kathodenmaterialien. Dafür werden sie im Verlauf des Prozesses vollständig in Säure aufgelöst und anschließend Schritt für Schritt wieder in Batterierohstoffe umgewandelt. Diese Recyclingverfahren verbrauchen jedoch viel Energie und erfordern idealerweise die Nähe zu einem Chemiestandort.
Das ZSW-Verfahren kommt ohne diese energieintensiven chemischen Prozessschritte aus, da das Recycling von Kathodenmaterialien im Wesentlichen dem des Graphits entspricht. Nach nur zwei relativ einfachen Prozessschritten könnten die Kathodenmaterialien direkt wieder in neuen Batterien eingesetzt werden und zeigten ebenfalls deutlich mehr als 90 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität, so das ZSW.
In den letzten zehn Jahren habe der Schwerpunkt der wissenschaftlichen und industriellen Entwicklung bei Lithium-Ionen-Batterien auf einer Erhöhung der Energiedichte bei gleichzeitiger Senkung der Kosten gelegen. Mit zunehmendem Erfolg der Elektromobilität und der Massenproduktion der Batterien rücke nun auch die End-of- Life-Diskussion und damit das Recycling in den Vordergrund. Die Diskussion sei einerseits getrieben durch gesetzliche Rahmenbedingungen, die – abhängig von der jeweiligen Region oder dem Land –, eine Recyclingquote von bis zu 80 Prozent bei der Verschrottung von Elektro-Pkw fordern. Andererseits zeigten Berechnungen, dass große Mengen recycelter Metalle notwendig sein werden, um zukünftig überhaupt ausreichend Batterien für Elektrofahrzeuge bauen zu können.
So sind in einer Batterie, wie sie etwa für einen Mittelklassewagen gebraucht wird, nach Angaben des ZSW etwa 60 Kilogramm Nickel enthalten. Bei einem Batteriegewicht von 500 Kilogramm entspreche dies einer fünffachen Anreicherung dieses Metalls im Vergleich zur Mine. Bei Lithium sei dieser Faktor noch viel höher: Sechs Kilogramm Lithium in einer Batterie ersparen beim erfolgreichen Recycling das Aufarbeiten mehrerer tausend Kubikmeter an lithiumhaltiger Salzlösung.