Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft
Wie viel CO2 entsteht bei der Abfallverbrennung?
Von Martin Treder
Kohlendioxid (CO2) gilt in der öffentlichen Debatte als der Klimakiller schlechthin. Das ist nur allzu verständlich, denn einerseits ist das Molekül das mit weitem Abstand am häufigsten ausgestoßene Treibhausgas (THG) und ist – andererseits – für sämtliche Treibhausgase als „Leitgas“ zu einem Synonym für die globale Zerstörung unseres Planeten geworden. Dabei hat CO2 mehrere Gesichter.
Denn ohne CO2 würde es kein Pflanzenwachstum geben und somit kein Leben auf der Erde. Auch im technischen Bereich wird das Gas benötigt – zur Kühlung als Trockeneis, in Feuerlöschern oder als Kohlensäure in Getränken. Zunehmend gewinnt der Kohlenstoff (C) aus dem CO2 auch an Bedeutung in der Chemischen Industrie für die gesamte Palette der organischen Chemie (Kunststoffe, Tenside, Schmierstoffe etc.) aber auch als Reduktionsmittel für die Eisen-/Stahlindustrie sowie als Basis für spezielle Kraftstoffe wie beispielsweise Flugbenzin.
Alternative C-Quellen benötigt
Wenn wir keine fossilen Kohlenstoffträger (Öl, Gas, Kohle) mehr verwenden wollen, benötigen wir andere C-Quellen. Der „Renewable Carbon“ muss dann aus Biomasse, den Kunststoff-Kreisläufen und der CO2-Abscheidung (Carbon Capture - CC) mit anschließender Nutzung (Utilisation – U) gewonnen werden.
Im Rahmen einer breit angelegten Studie des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) „Chemistry4Climate“ (C4C) wird derzeit untersucht, wie viel Kohlenstoff benötigt wird und welche Quellen zur Verfügung stehen.
Derzeit sind dies in Deutschland nach Angaben der Dechema über 18 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr, davon stammen noch rund 15 Millionen Tonnen aus fossilem C. Ein Schwerpunkt liegt darin zu untersuchen, welche Renewable-Carbon-Quellen zur Verfügung stehen und wie diese erschlossen werden können. Dabei spielen so genannte „Punktquellen“, an denen CO2 in höherer Konzentration und Menge emittiert wird, eine besondere Rolle. Diese Punktquellen – industrielle Produktionsstätten oder auch Abfallverbrennungsanlagen – könnten das CO2 abscheiden und der Chemischen Industrie als Rohstoff zur Verfügung stellen, die daraus neue Produkte erzeugt (Carbon Capture and Utilisation - CCU).
Wie viel CO2 können Abfallverbrennungsanlagen abscheiden?
Doch wie viel CO2 fällt an den jeweiligen Punktquellen an und welche Mengen benötigt die Industrie in Zukunft? Wie viel CO2 kann über den Bedarf der Industrie hinaus abgeschieden werden, um das Kohlendioxid unterirdisch zu speichern und aus dem Ökosystem auszuschleusen (Carbon Capture and Storage – CCS)?
Die primäre Aufgabe der Abfallverbrennung liegt in der schadlosen Entsorgung von organischen Bestandteilen im Abfallgemisch, die sich nicht für eine stoffliche Nutzung eignen. Somit muss der Kohlenstoff im Abfall möglichst vollständig oxidiert, also in CO2 umgewandelt werden, um die Grenzwerte der 17. BImSchV im Abgas und den Rückständen einzuhalten.
CO2 macht etwa zehn Volumenprozent des Reingases bei Thermischen Abfallbehandlungsanlagen (TAB – Müllverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoff (EBS)-Kraftwerke) aus. Das ist ausreichend, um eine Anlage zur CO2-Abscheidung zu betreiben. Damit eignen sich Abfallverbrennungsanlagen grundsätzlich als Punktquellen für die Rückgewinnung von Kohlenstoff.
Doch wie viel CO2 könnte aus der gesamten Palette von Abfallverbrennungsanlagen abgeschieden und beispielsweise der Chemischen Industrie zur Verfügung gestellt werden?
Martin Treder geht dieser Frage in einem Fachbeitrag in Ausgabe 1.2023 von ENTSORGA nach.