Carbon Trust
Weltweit erste Untersuchung des „Global Blockage Effects“ in Offshore-Windparks

08.02.2021 In der Deutschen Bucht werden Messungen zur Quantifizierung von atmosphärischen Staueffekten vor und in Windparks unter realen Offshore-Bedingungen gestartet.

© Foto: RWE

Ein neues Messprojekt in der Deutschen Bucht soll kommerzielle Unsicherheiten bei der Modellierung von sogenannten atmosphärischen Staueffekten (engl. Global Blockage Effects, GBE) verringern. Das Projekt „Global Blockage Effect in Offshore Wind“ (OWA GloBE) ist die jüngste gemeinsame Brancheninitiative im Rahmen des Offshore Wind Accelerators (OWA). Es soll das Verständnis für die tatsächlichen Auswirkungen des GBE verbessern, indem erstmals umfassende Messreihen unter realen Offshore-Bedingungen durchgeführt werden.

Der GBE ist ein komplexes Phänomen, das in der bodennahen Atmosphäre auftritt, wenn der Wind durch, über und um große Offshore-Windparks strömt. Der Effekt ist schwach ausgeprägt, schwer zu messen und aus historischen Messdaten kaum zu extrahieren. Annahmen, die in die Leistungsberechnungen von Windparks einfließen, werden bislang durch Unsicherheiten beeinflusst, die sowohl aus der Größenordnung des Effekts als auch aus den Vorhersagemodellen resultieren.

Als unstrittig gilt in der Branche, dass der GBE Luftmassen vor Offshore-Windparks abbremst, was den Energieertrag reduziert. Dagegen gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, wie er sich auf die nachgelagerten (leeseitigen) Bereiche auswirkt und wie etwa die Umverteilung der Energie zu berücksichtigen ist. Das ist kommerziell relevant, da Ungewissheit über die Leistung von Windturbinen und Windparks hohe Kapitalkosten für Offshore-Standorte verursacht. Wird der GBE überschätzt, führt das zu einer Abwertung von Offshore-Windprojekten. Voruntersuchungen deuten darauf hin, dass die Auswirkungen der GBE geringer sein könnten als derzeit von der Industrie angenommen. Ziel des OWA GloBE Projekts ist es, einen umfassenden Datensatz zu erstellen und einen neuen Standard für die Bewertung und Quantifizierung der Auswirkungen des GBE auf die Stromerzeugung in Offshore-Windparks zu erarbeiten.

Die Messungen werden im Windpark-Cluster Helgoland in der Deutschen Bucht durchgeführt, und zwar in den Windparks Nordsee Ost und Amrumbank West, die beide zu 100 Prozent RWE gehören. Die beiden Windparks sind derzeit durch einen etwa 4 km breiten, unverbauten Meeresstreifen getrennt, die sogenannte „Kaskasi-Lücke“. Dort wird RWE den Windpark Kaskasi errichten, der voraussichtlich 2022 ans Netz gehen wird. Die „Kaskasi-Lücke“ ermöglicht einen einzigartigen Versuchsaufbau, bei dem moderne Messmethoden wie z.B. Dual Doppler LiDAR („light detection and ranging“, eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Geschwindigkeitsmessung von Luft) mit Produktionsdaten der Windturbinen kombiniert werden. Es wird erwartet, dass durch die Lage der „Kaskasi-Lücke“ zwischen den Windparks Nordsee Ost und Amrumbank West genau die Strömungsmerkmale verstärkt werden, die das Projekt beobachten will.

Das OWA GloBE-Projekt wird von RWE geleitet und mit Unterstützung des Carbon Trusts realisiert, der das Projekt als Teil des Offshore-Wind-Accelerator-Programms vorantreibt. Das Projektkonsortium besteht derzeit aus sechs weiteren Windparkentwicklern: EDF Renewables, EnBW, Equinor, ScottishPower Renewables, Shell und Vattenfall, sowie den Forschungs- und Industriepartnern DTU Wind Energy und Leosphere.
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