Thermische Abfallverwertung
Kapazitäten in der Schweiz sinken

16.07.2020 In der Prognose zur Kapazitäts-Entwicklung der Schweizer KVA zeichnet sich tendenziell eine Verminderung der Kapazitäten zur thermischen Verwertung von Abfällen bis 2035 ab, gab der Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen (VBSA) in einer Mitteilung bekannt.

© Foto: CC-BY Fruggo

Geplante Still-Legungen: Gemäß heutigem Planungsstand soll der Anlagenpark von 30 auf 26 KVA reduziert werden. Für folgende vier Standorte ist eine völlige Stilllegung geplant: Josefstrasse (im Jahr 2021), ERZO Oftringen (2027), VADEC Colombier (2027) sowie KVA Horgen (2033). Diese vier Standorte entsorgen heute ca. 300.000 Tonnen/Jahr.

Einen gewichtigen Kapazitätseinbruch von ca. 90.000 T/J bringt der Neubau der KVA Les Cheneviers in Genf, deren Entsorgungs-Leistung sich von heute 250.000 Tonnen ab 2024 auf 160.000 Tonnen reduzieren wird. Im gleichen Zeitraum wird ein weiterer, aber diesmal zeitbegrenzter Kapazitätseinbruch von ca. 50.000 Jahrestonnen durch Erneuerungsarbeiten an der 2. Ofenlinie der KVA Linth spürbar werden.

Deutliche Verschiebung der Kapazitäten

Zu Kapazitätsverschiebungen kommt es hauptsächlich im Kanton Aargau (Zeithorizont 2030) zwischen KVA Buchs (+15.000 T/J) und Turgi (-32.000 T/J), sowie im Kanton Neuenburg (2027), wo die gesamte Kehrichtverwertung am Standort La Chaux-de-Fonds (+65.000 T/J) zentralisiert und somit die Stilllegung des Standortes Colombier (-65.000 T/J) kompensiert werden wird.

Auch im Kanton Zürich sind Kapazitätsverschiebungen bis 2035 vorgesehen. Die Stilllegung der KVA Josefstrasse(-127.000 T/J; 2021), die Erneuerung und gleichzeitige Kapazitätsminderung der KEZO in Hinwil (-70.000 T/J; 2028) sowie die Stilllegung der KVA Horgen (-36.000 T/J; 2033) sollen durch den Bau einer 3. Ofenlinie in Hagenholz (+120.000 T/J; 2025) sowie den Neubau und die Vergrößerung der Anlage in Dietikon (+66.000 T/J; 2034) teilweise kompensiert werden.

Durch Erneuerungsarbeiten sind in einigen KVA zum Teil nicht unbedeutende Leistungssteigerungen bis 2035 geplant: UTO Uvrier (+20.000 T/J), KVA Gamsen (+17.000 T/J), KVA Linth (+7.000 T/J), ZAB Bazenheid (+32.000 T/J), VfA Buchs SG (+11.000 T/J). Auch der komplette Neubau der KEBAG Enova wird eine Leistungssteigerung (+28.000 T/J) mit sich bringen. Offene Kapazitätsentwicklung In Monthey plant die SATOM zwischen 2025 und 2030 den Bau einer neuen Linie unter Verwendung einer völlig neuen Technologie. Es ist heute noch nicht entschieden, ob diese neue Linie mit einer geplanten Kapazität von 120.000 T/J die beiden aktuellen Linien ersetzen wird oder aber eine der alten Linien weiter in Betrieb gehalten wird.

Die heutige Kapazität der SATOM von 180.000 Jahrestonnen würde je nach Szenario entweder auf 120.000 Tonnen gesenkt oder aber auf ca. 210.000 Tonnen erhöht werden. (In der Grafik wurde eine Leistungserhöhung auf 210.000 T/J dargestellt). Diese Planungs-Ungewissheit von Monthey beeinflusst die Prognose für 2035 erheblich: Falls eine der beiden existierenden Linien weiter betrieben wird, sinkt die Entsorgungsleistung in der Schweiz bis 2035 voraussichtlich um 2% auf 4.05 Mio. Tonnen/Jahr.

Bei Stilllegung beider Linien in Monthey wird die Schweizer KVA-Kapazität bis 2035 um 4.2% auf 3.96 Mio. Tonnen/Jahr sinken. Fazit: Abnahme der Kapazität um 2 bis 4%. Gemäß der Planwerte werden die Schweizer KVA-Kapazitäten bis 2035 mindestens um 2%, eventuell sogar um mehr als 4% sinken.

Heute verfügt die Schweiz über eine Verbrennungskapazität von 472 kg pro Einwohner und Jahr. Prognosen des Bundesamtes für Statistik 2 sehen im Referenzszenario ein Bevölkerungswachstum von mehr als 12% auf ca. 9.860.000 Personen im Jahr 2035 vor. Mit der hier dargestellten KVA Kapazitätsprognose ergibt sich im Jahre 2035 eine Verbrennungskapazität von 402 bis 411 kg pro Einwohner und Jahr.

Die verfügbare Verbrennungskapazität pro Person wird somit voraussichtlich um 10 bis 15% abnehmen. Damit kein Entsorgungsengpass entsteht, müsste das Abfallaufkommen pro Kopf mindestens im gleichen Umfang abnehmen.

Blick ins grenznahe Ausland

Von den 4.069 kT Abfall, die 2019 in Schweizer KVA verwertet wurden, stammten ca. 10% aus dem grenznahen Ausland. Diesen Importen liegen häufig langfristige Abnahmeverträge mit Nachbarsgemeinden (Basel mit Lörrach, Weinfelden mit Konstanz, etc.) zugrunde, die auch ökologisch durchaus Sinn machen, da diese grenznahen Importe weite Transportwege sparen. Es stellt sich die Frage, ob diese Importe bis 2035 reduziert werden können. Frankreich und vor allem Italien deponieren immer noch relativ viele brennbare Abfälle und müssten ihre Kapazität der thermischen Behandlung erhöhen. Dem schweizer Verband sind aber keine entsprechenden Projekte bekannt.

Damit werden Italien und Frankreich weiterhin Abfälle zur Verbrennung exportieren. In Deutschland zeichnet sich bis 2040 eher ein Kapazitätsmangel ab (Studie ITAD 2020, Veröffentlichung Juni 2020). Somit wird auch Deutschland weiterhin brennbare Abfälle exportieren müssen. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Abfalllieferungen aus dem grenznahen Ausland bis 2035 nicht bedeutend abnehmen werden.

www.vbsa.ch

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