Helmholtz Zentrum für Umweltforschung
Kaum Wasser unterm Kiel – Messungen im Extrembereich
Sie starteten deshalb am 29. August von Schmilka aus ihre neuntägige Fahrt auf dem UFZ-Forschungsschiff Albis. Eingebettet ist die Messkampagne in die MOSES-Initiative, bei der Wissenschaftler aus neun Helmholtz-Einrichtungen unter anderem untersuchen, wie sich infolge des Klimawandels hydrologische Extremereignisse wie Hoch- und Niedrigwasser auf den Wassereintrag in Böden, die Wasserqualität der Binnengewässer und den stofflichen Eintrag ins Meer auswirken.
Temperatur-, Sauerstoff- und Algenmessungen
An 24 Standorten von Schmilka bis Geesthacht, jeweils links- und rechtsseitig sowie mittig der Elbe, werden die UFZ-Wissenschaftler Proben nehmen. In Absprache mit den Landesbehörden in Sachsen und Sachsen-Anhalt messen sie mit einer Multiparametersonde Temperatur, Sauerstoff, die Konzentrationen schwebender Algen oder die Trübung des Fließgewässers sowie chemische Parameter von Wasserproben wie partikuläre und gelöste Nährstoffe, Schwermetalle, seltene Erden und Mikroschadstoffe.
Ein Schwerpunkt der Messkampagne ist die Analyse von Phytoplankton, im Wasser schwebende einzellige Algen. Sie dienen vielen Tieren im Gewässer als Nahrung und nehmen gleichzeitig Nährstoffe wie Phosphat und Nitrat auf. So kann moderates Algenwachstum einen positiven Einfluss auf das Gewässer haben. Übermäßiges Algenwachstum führt hingegen zu einer Abwertung der Wasserqualität - man spricht dann von Eutrophierung. Es kommt also für die Elbe und auch für die nachgelagerten Küstengewässer auf die richtige Balance an. Und diese kann durch ein extremes Niedrigwasser gestört werden.
Charakterisierung von gelöstem organischen Material
Im Fokus der Testfahrt steht zudem eine genaue Charakterisierung von gelöstem organischem Material. Dabei können die Wissenschaftler mithilfe hochauflösender Massenspektrometrie mehr als 1.000 Elementarkomponenten in diesen hoch komplexen Gemischen identifizieren und deren Veränderung entlang der Elbe auf bakterielle Aktivität und Biomasseproduktion zurückführen.
Zusätzlich finden auf der Flussfahrt nach dem gleichen Schema auch Messungen an den Mündungen von Saale, Mulde, Schwarzer Elster und Havel statt. Diese Zuflüsse sind von großem Interesse, weil sie die Wasserqualität der Elbe stark beeinflussen können. So prägt beispielsweise die Saale als größter Zufluss die Elbe durch eine hohe Salzbelastung.
Anders als mit Standardmessungen vom Ufer aus ist es mit dieser Messfahrt möglich, sich über 580 Kilometer ein detailliertes Bild zu machen, welche Prozesse etwa bei der Umwandlung von Nährstoffen und Schadstoffen im Wasserkörper der Elbe ablaufen.
Zudem fanden die Messkampagnen der vergangenen Jahre nie bei einem solch extremen Niedrigwasser statt. So liegt derzeit zum Beispiel in Magdeburg der Pegel bei rund 53 Zentimetern nur knapp über dem Rekordniedrigstand von 46 Zentimetern. "Die Umsetzung von Kohlen- und Stickstoff sowie Phosphor bei diesem extremen Niedrigwasser zu analysieren, ist für uns besonders interessant und hilft uns, Prognosen für zukünftige Extremsituationen zu erstellen", sagt UFZ-Fließgewässerökologe Prof. Dr. Markus Weitere und Mitglied der MOSES-Arbeitsgruppe Hydrologische Extreme. Da bei diesem Wasserstand die Elbe sehr langsam fließe und stark besonnt sei, könnte es besonders in unteren Flussabschnitten zu starken Eutrophierungserscheinungen kommen.
Weitere Testkampagnen
Eingebettet ist die jetzige Elbe-Fahrt in weitere Testkampagnen, die im Rahmen der MOSES-Initiative im April und Juni zwischen der Elbemündung in Cuxhaven und Helgoland stattfanden und die im September noch um eine weitere Fahrt ergänzt werden soll. Beteiligt sind daran Helmholtz-Wissenschaftler auf Forschungsschiffen des Helmholtz-Zentrums Geesthacht, des Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel.
"Die Testfahrten in diesem Jahr dienen dazu, wichtige wissenschaftliche Daten zu erheben und in Kooperation zwischen den Helmholtz-Einrichtungen die Abläufe der umfangreichen Messeinsätze zu üben", sagt die MOSES-Projektleiterin Dr. Ute Weber. Sie seien zugleich Generalprobe für eine noch größere Elbe-Testkampagne, die im kommenden Jahr unter Leitung des UFZ stattfindet und an der weitere sieben an MOSES beteiligte Helmholtz-Einrichtungen dabei sein werden. Diese soll sich von Schmilka bis in die Nordsee erstrecken. Ziel wird dann sein, in einer Prozesskette die Auswirkungen auf terrestrische und marine Ökosysteme zu analysieren - beginnend von Starkregen- und Gewitter-Ereignissen an Land, über hydrologische Abflüsse bis hin zur Analyse einer Vielzahl von Stoffen, die in der Elbe und schließlich in der Nordsee landen.
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