Ausbau der Havel-Oder-Wasserstraße
Schiffshebewerk Niederfinow 2.0
Die achtjährige Verspätung wird unter anderem damit erklärt, dass jedes Schiffshebewerk ein Unikat ist und den speziellen topografischen und technischen Herausforderungen angepasst werden muss. Auch der ursprüngliche Kostenplan von 345 Mio. € wird wohl nicht eingehalten werden. Von Mehrkosten bis zu einer dreistelligen Millionensumme ist die Rede. Der Grund für den Neubau war der für die heutigen Binnenschiffe inzwischen zu kleine Trog. In dem neuen können Schiffe mit einer Gesamtlänge von bis zu 110 Metern befördert werden. Es wird dann das größte Hebewerk Deutschlands sein.
Das neue, wie auch das alte Schiffshebewerk sind Bestandteile der Havel-Oder-Wasserstraße, deren Geschichte weit in die Vergangenheit zurück reicht. Bereits im Mittelalter forderten Händler, um Waren vom Stettiner Haff nach Berlin bringen zu können, einen schiffbaren Kanal. Zwischen 1605 und 1620 wurde der erste Finowkanal gebaut und mit zehn Kammerschleusen versehen. Durch den Dreißigjährigen Krieg beschädigt und in weiten Teilen verfallen, wurde der Kanal ab 1743 wieder instand gesetzt. Im späten 18. Jahrhundert nahm man in östlicher Richtung eine Erweiterung vor und versah diese mit zusätzlich sieben weitere Kanalstufen. Durch den stark ansteigenden Warenaustausch und wachsenden Verkehr wurden bereits im 19. Jahrhundert größere Schleusen benötigt und ab 1874 der Bau einer parallelen Schleuse pro Kanalstufen in Angriff genommen. Die Durchlass-Kapazitäten wurden mit dem stetigen Ausbau der Havel- Oder-Wasserstraße immer weiter erhöht. Im Jahre 1905 wurde der Bau des Großschifffahrtsweges Berlin-Stettin beschlossen. Ab 1925 wurden am Standort des künftigen Schiffshebewerkes aufwendige Baugrunduntersuchungen durchgeführt. Gegen Ende 1926 begannen die Tiefbauarbeiten. 1934 konnte das Schiffshebewerk Niederfinow in Betrieb genommen werden. Der Höhenunterschied zwischen der unteren und der oberen Ebene beträgt 36 Meter. Der Trog des alten Hebewerkes hängt an 256 Stahlseilen und wiegt 4.300 t. Um die Sicherheit der Anlage zu gewährleisten, ist die Wartung von enormer Wichtigkeit. Verschleißteile, wie die Seile zur Aufhängung des Troges müssen regelmäßig ausgetauscht werden. Im letzten Winter konnten 86 dieser Seile gewechselt werden. Heute befördert dieses alte Hebewerk jährlich 1.500 Frachtschiffe, 2.500 Sportboote und 250 Fahrgastschiffe.
Zurück zum neuen Hebewerk: gegenwärtig befindet sich die Anlage in der Testphase. Nach deren erfolgreichem Abschluss können Schiffe von der Ostsee, durch ganz Deutschland, bis nach Duisburg, dem größten Binnenhafen Europas, fahren.