Was haben Spurenstoffe in Flüssen zu suchen?
4. Reinigungsstufe schützt, aber Vermeidung bleibt das Ziel
Mit dem Bericht wird ein eindrucksvolles Bild gezeichnet, das nachdenklich stimmen und zu mehr Engagement führen sollte. Lediglich fünf der ins-gesamt neunzig untersuchten Spurenstoffe konnten im Zeitraum 2023 bis 2021 in baden-württembergischen Gewässern nicht nachgewiesen werden. 44 der 90 Stoffe sind häufig bis regelmäßig in den Gewässern zu finden. Der Vergleich der Daten des ersten und des zweiten Inventar-berichtes zeigen, dass die Belastung mit Spurenstoffen in den neun Jahren relativ konstant geblieben ist.
"Das Ergebnis zeigt, dass die Flüsse des Landes mit vielen unterschied-lichen Chemikalien und dazu auch noch konstant belastet sind. Wir wissen leider zu wenig über die Auswirkungen auf die Lebewesen in den Gewässern. Daher sind wir gut beraten, die Einträge zu reduzieren, beispielsweise durch die Aufrüstung von Kläranlagen besonders dort, wo der Abwasseranteil im Gewässer hoch ist. Auf Bundes- und Europaebene brauchen wir mehr Forschung zu den ökologischen Risiken und vor allem auch zu unbedenk-lichen Ersatzstoffen für potentiell gefährliche Chemikalien“, so Thekla Walker, Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg.
Einige Spurenstoffe sind besonders auffällig
Insgesamt liegen die meisten untersuchten Spurenstoffe im Mittel deutlich unter den Referenzwerten. Bei einzelnen Stoffen werden die Referenzwerte im Landesmittel jedoch überschritten - wie beim Schmerzmittel Diclofenac oder bei bestimmten Röntgenkontrastmitteln und Fluoranthen (entsteht über Reifenabrieb und Verbrennungsprozesse). Hinzu kommen lokale Überschreitungen bei weiteren Arzneimitteln, Pestiziden und Hormonen.
Dürremonate: Spurenstoffe verschlimmern Situation für Wasserorgansimen
Erstmalig bewertet der Bericht auch die Konzentrationen von Spurenstoffen mit Blick auf die Dürresommer der letzten Jahre. Niedrige natürliche Wasser-stände bedeuten, dass die Einleitungen aus Kläranlagen in den Flüssen weniger verdünnt werden. Diese Spurenstoffe aus den Kläranlagenabläufen belasten dann die Wasserorganismen noch zusätzlich, die bereits Sauer-stoff- und Hitzestress ausgesetzt sind. Als Folge des Klimawandels werden unsere Gewässer einem solchen Hitzestress zukünftig immer häufiger ausgesetzt sein.
Vierte Reinigungsstufe bei Kläranlagen reduziert Spurenstoffkonzentration
Das Spurenstoffinventar 2023 belegt, dass die Spurenstoffkonzentrationen im Gewässer deutlich sinken, wenn oberhalb liegende Kläranlagen mit einer sogenannten vierten Reinigungsstufe nachgerüstet werden. Diese entfernt die Spurenstoffe gezielt.
„Baden-Württemberg fördert bereits seit vielen Jahren den Ausbau von Kläranlagen, insbesondere an besonders empfindlichen Gewässern und an Belastungsschwerpunkten“, so Ministerin Walker. In Baden-Württemberg verfügen derzeit bereits 25 – meist größere – Kläranlagen über eine vierte Reinigungsstufe, die zusammen rechnerisch die Abwässer von etwa 3,6 Mio. Einwohnern beziehungsweise etwa ein Sechstel des Abwassers des Landes behandeln können. Damit ist Baden-Württemberg Vorreiter im europäischen Vergleich. Weitere 27 Anlagen befinden sich bereits im Bau oder in Planung. Das Land fördert zudem das Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg, das Kommunen, Planer und Behörden hinsichtlich Errichtung und Betrieb einer 4. Reinigungsstufe berät.
Verbraucher können Gewässer schützen
„Die vierte Reinigungsstufe hilft, wir dürfen uns aber nicht komplett auf diese verlassen“, ergänzt Dr. Ulrich Maurer, Präsident der LUBW und erläutert: „Manche der eingebrachten Stoffe können auch in einer vierten Reinigungsstufe nicht entfernt werden oder gelangen auf anderem Wege direkt in die Gewässer. Deshalb ist die Vermeidung der Einträge an der Quelle immer noch die wichtigste Vorsorge. Verbraucherinnen und Verbraucher können beispielsweise durch die Verwendung von ökologi-schen Wasch- und Reinigungsmitteln, die korrekte Entsorgung von Medika-mentenresten sowie den Verzicht auf Pestizide rund um ihr Zuhause einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Umwelt leisten.“