DVGW
Zukunftswerkstatt „Wasser-Impuls“ gestartet

22.05.2019 Die Versorgung mit erstklassigem Trinkwasser wird in Deutschland als Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Kaum öffentlich thematisiert werden deshalb die Auswirkungen des Klimawandels, der intensiven Agrarwirtschaft oder des demographischen Wandels auf die Versorgung mit dem Lebensmittel Nr. 1.

DVGW-Vorstandsvorsitzender Prof. Gerald Linke möchte dem Trinkwasser einen neuen politischen und gesellschaftlichen Fokus geben.
© Foto: DVGW/Frank Woelffing
DVGW-Vorstandsvorsitzender Prof. Gerald Linke möchte dem Trinkwasser einen neuen politischen und gesellschaftlichen Fokus geben.

Dürre, steigende Arzneimitteleinträge, Nitratverschmutzung und Pestizideinsatz durch die Landwirtschaft und eine zunehmende Spreizung der Wasserbedarfe stellen die rund 6.000 Wasserversorger in Deutschland jedoch vor enorme Herausforderungen. Obwohl die Gefahren für unsere Trinkwasserversorgung u. a. aus vielfältigen Verbundforschungsvorhaben nicht erst seit kurzem und auch nicht nur der Fachwelt und der Politik bekannt sind, liegen zwischen Erkenntnis und Handeln oftmals Welten. Lange Debatten, Dauerbrenner-Themen und ausbleibende langfristige Strategien der Politik, die den Verantwortlichen in der Praxis Orientierung geben könnten, prägen leider oftmals den Alltag.

Zukunftsfeste Wasserversorgung

„Um die Wasserversorgung auch zukunftsfest auszurichten, müssen politische Entscheidungsträger, Verbraucher und andere Wirtschaftsakteure künftig stärker an einem Strang ziehen“, forderte deshalb der DVGW-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Gerald Linke zum Auftakt des Wasser-Impulses am 7. Mai in Berlin mit ca. 50 Teilnehmern. Es diskutierten Experten aus Bundestag, Ministerien, Verwaltung, Verbänden und anderen gesellschaftlichen Institutionen, wie der Wert der Trinkwasserversorgung in der öffentlichen Wahrnehmung gesteigert und die rechtlichen sowie ordnungspolitischen Rahmenbedin¬gungen dieser elementaren Daseinsvorsorge verbessert werden können.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Florian Pronold, MdB, appellierte in seiner Keynote: „Wasser ist eine wichtige Lebensgrundlage. Wir müssen dieses unentbehrliche Gut jetzt wirksam schützen, sonst werden die Weichen in Zukunft falsch gestellt.“

Wasserrechtliche Dauerbrenner, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht, sind zum einen das Düngerecht. Die nationalen Vorschriften zum Schutz der Gewässer vor zu hohen Nitrateinträgen sind nach wie vor unzureichend. „Gut ist, dass die Düngeverordnung im Zuge einer Neuausrichtung der Agrarpolitik nun endlich nachgebessert wird. Die alleinige Festlegung von Nitratobergrenzen reicht aber nicht aus. Es bedarf klarer und strikter Sanktionen bei Nichtbeachtung“, fordert Linke.

Vorrangige Nutzungsansprüche

Zum anderen müssen im Wasserhaushaltsgesetz die vorrangigen Nutzungsansprüche der Wasserversorgung wieder aufgenommen werden. „Vorhaltegebiete für die öffentliche Wasserversorgung müssen zum Grundprinzip erklärt und in den Raumordnungsplänen vorrangig berücksichtigt werden“, erklärt Linke angesichts der wachsenden Konkurrenz der Wasserversorgung zu anderen Nutzungen, beispielsweise aus der Landwirtschaft oder Industrie. Denn Wasserversorger sind auch angesichts der sich häufenden Extremwetterereignisse darauf angewiesen, Wasservorkommen flexibel zu nutzen. Ist das nicht der Fall, können verstärkt Verunreinigungen auftreten, die einen erhöhten Aufbereitungsaufwand bedeuten. Dies gilt auch für menschengemachte Schadstoffeinträge, die beispielsweise mit dem erhöhten Medikamentengebrauch einer alternden Bevölkerung oder dem Konsum neuartiger Lifestyle- und Kosmetikprodukte einhergehen. Die Hersteller als Verursacher leisten meist keinen Beitrag zur Vermeidung der Verunreinigung der Rohwässer. „Sie müssen jedoch für die Umweltauswirkungen ihrer Produkte verantwortlich gemacht werden und die Kosten für die Beseitigung von Verunreinigungen übernehmen“, betont Linke.

Die Herausforderungen spiegeln sich in fünf gebildeten Themenclustern wider, für die in Expertenforen nach Strategien und Lösungen gesucht werden soll. Diese werden sich mit dem Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung, Minimierungsgebot, Verursacherprinzip und Herstellerverantwortung, Technische Selbstverwaltung und Regelwerk, Substanz- und Werterhalt der Wasserinfrastruktur sowie Zukunftsbilder 2030 bis 2100 intensiv auseinandersetzen.

Im monatlichen Rhythmus sollen im Juni bzw. im Herbst fünf Expertenforen zu den Themenclustern stattfinden und einen fachkundigen Austausch zwischen Wissenschaft, Politik, Verbänden und Vertretern der Branche ermöglichen. Die Sichtweisen verschiedenster Akteure, zum Beispiel aus der Agrarwirtschaft, Pharmabranche oder IT-Sicherheit, wird dabei mit einbezogen. Ziel ist es letztlich, wirksame Maßnahmen zu entwickeln, die der Trinkwasserversorgung eine langfristige Sicherheit und Perspektive verschaffen. Gleichzeitig können sie einen Ausgangspunkt für weitere Forschungsprojekte, Handlungsvorschläge und Denkanstöße bilden.

Bereits im Oktober 2018 hat der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium einen „Nationalen Wasserdialog“ gestartet. Dieser setzt sich mit den Themenschwerpunkten Vernetzte Infrastrukturen, Risikofaktor Schadstoffe, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie Renaturierung und Naturschutz auseinander. Das Bundesumweltministerium möchte auf Grundlage der daraus resultieren Ergebnisse eine Wasserstrategie 2050 entwickeln.

www.wasser-impuls.de
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