Special: Rohre & Kanäle
Besser vor Starkregen warnen

Bild 2 Radarkomposit für Norddeutschland aus den Radarstandorten Borkum, Boostedt, Rostock und Hannover
Die Radarbasisdaten
Die Radarbasisdaten für das Nowcasting sind Radardaten der Standorte Borkum, Boostedt, Rostock und Hannover, die alle 5 Minuten vorliegen, korrigiert werden und auf ein 1 x 1 km-Raster als so genanntes Komposit umgerechnet werden. Das Radarkomposit wird anschließend mit Hilfe der über 400 stündlichen Niederschlagsstationen des Deutschen Wetterdienstes angeeicht, so dass die resultierenden Radarmessdaten an den Standorten der Regenschreiber mit den Stationswerten übereinstimmen.Als Ergebnis des BMBF-Projekts StucK (Förderkennzeichen 033W031) wird ein Ensemble von Radarnowcasts mit 10 Ensemblevorhersagen erstellt. Ein Ensemble (d.h. verschiedene, gleich wahrscheinliche Vorhersagen) entsteht dabei durch Variation der Parameter Zuggeschwindigkeit, Zugrichtung und Intensität /4/. Diese werden mit den 20 Ensembles von COSMO-D2-EPS /1/ kombiniert („blending“). So entstehen 20 neue Ensemble-Members, die den Vorhersagezeitraum von fünf Minuten bis 27 Stunden abdecken, und alle fünf Minuten aktualisiert werden. Dadurch erhält man mehrere mögliche Vorhersagen, die bei richtiger Konfigurierung die Wettersituation mit enthält, die eintreffen wird.

Bild 3 Trefferwahrscheinlichkeit und Fehlalarmquote von altem Verfahren (schwarz) und neuem Verfahren (blau/gelb)
Test an den Binnengewässern von Hamburg
Die Nutzung dieser Ensemblevorhersagen wurde für die Warnung an den hamburgischen Binnengewässern untersucht, für die der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) ein Warnsystem betreibt (www.wabiha.de). Für die Warnung für die hamburgischen Binnengewässer wurde festgelegt, dass diese sich an der höchsten Niederschlagsvorhersage aus allen Ensembles orientiert. Dieser Wert wird dann als maximal zu erwartender Niederschlag genutzt, um mit den aktuellen Pegelständen verglichen zu werden und daraus eine Gesamtwarnung je Pegel zu berechnen. Diese folgt einer Zuordnungsmatrix, die aus Erfahrungswerten des LSBG hergeleitet wurde (Bild 4).Die so erzeugte Warnung ist deutlich besser als die bisher verwendete Warnung, die allein auf COSMO-D2 beruhte. Für den Sommer 2017 wurde eine Auswertung von Vorhersagen auf Basis der COSMO-DEDaten und COSMO-DE-EPS in Kombination mit den Nowcast-Ensembles durchgeführt, die dieses bestätigte /2/. Während der Anteil der Fehlalarme (false alarm ratio) etwa gleich hoch ausfällt wie bei den mit COSMO-D2 erzeugten Warnungen, kann die Trefferwahrscheinlichkeit (hit rate) erhöht und für einen längeren Vorhersagezeitraum auf einem hohen Niveau gehalten werden. Während vorher die Schwelle von 50 % Trefferwahrscheinlichkeit nach vier Stunden unterschritten wurde, sind es mit dem neuen Verfahren über 12 Stunden.

Bild 4 Zuordnungsmatrix der Warnstufen des LSBG
Fazit
Das neue Warnsystem ist operationell seit Sommer 2018 im Testbetrieb und wird 2019 in den Standardbetrieb des LSBG Hamburg überführt. Die Vorhersagedaten aus dem Projekt stehen aktuell für ganz Norddeutschland zur Verfügung. Die vorgestellten Verfahren sind auf alle Standorte in Deutschland übertragbar. HST und hydro & meteo werden eine Verknüpfung dieser Verfahren mit dem Portal NiRA.web vornehmen. Für Einzugsgebiete der Kunden von HST wird so das verbesserte Starkregenvorhersagemodell ebenfalls verfügbar.Literatur
/1/ Baldauf, M.; Gebhardt, C.; Theis, S.; Ritter, B.; Schraff, C. (2018): Beschreibung des operationellen Kurzfristvorhersagemodell COSMO-D2 und COSMO-D2-EPS und seiner Ausgabe in die Datenbanken des DWD/2/ Jasper-Tönnies, A.; Hellmers, S.; Einfalt, T.; Strehz, A.; Fröhle, P. (2017): Ensembles of radar nowcasts and COSMO-DE-EPS for urban flood management
/3/ Water Science and Technology, 2017(1), 27–35
/4/ Tessendorf, A. & Einfalt, T. (2012). Ensemble radar nowcasts-a multi-method approach. International Association of Hydrological Sciences Publications, 351, 305–310
Ein Beitrag von Thomas Einfalt, Hydro & Meteo GmbH & Co. KG, Lübeck
Infos zum Niederschlagsportal NiRA.web unter hst.de/NiRAweb
Fachartikel aus wwt wasserwirtschaft wassertechnik Nr. 1-2/2020
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